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23.12.2024 - 11:15 | News | Source: dpa
Silke Sinning: Freischwimmen im »großen Tanker« DFB
Silke Sinning kegelt einst DFB-Spitzenfunktionär Rainer Koch aus dem Amt. Nun ist sie auch erste Landesverbandschefin - kein Glamourjob im deutschen Fußball mit seinen oft verkrusteten Strukturen.
Der Begriff „großer Tanker“ fällt bei Silke Sinning immer wieder, wenn sie vom Deutschen Fußball-Bund spricht. Und sie sagt lächelnd: „Mit mir hat ja keiner gerechnet.“ Mit einem Knall war die Sportwissenschaftlerin vor zweieinhalb Jahre ins Präsidium eingezogen. Seit knapp drei Monaten ist sie in Hessen die erste Landesverbandspräsidentin in der über 100-jährigen Geschichte des DFB. Mehr Frauen an verantwortlichen Positionen - diese Forderung kennt Sinning nur zu gut. Aber wie funktioniert das in der Praxis?
Die 55-Jährige aus Knüllwald im Schwalm-Eder Kreis hat fast ein Vierteljahrhundert ins Ehrenamt investiert, ehe sie - nach so manchen Machtkämpfen und Streitigkeiten - an der Spitze des Hessischen Fußball-Verbandes angekommen ist.
Es gebe aktuell noch wenige Frauen, die sich im Fußball engagieren - „aber es werden immer mehr“ sagt Sinning im dpa-Gespräch. „Man findet sie in den Vereinen, im Vorstandsbereich, auch als Trainerin oder als Schiedsrichterin. Aber tatsächlich gibt es da noch Nachholbedarf.“ Man wachse nur langsam in die Strukturen rein, so ihre Erfahrung, und müsse dann irgendwann den Mut finden und deutlich machen: „Ja, das Amt traue ich mir zu.“
Genau das tat die frühere Fußballerin im März 2022 - und kegelte beim DFB-Bundestag völlig überraschend Vize Rainer Koch aus dem Präsidium. Der Bayer war in turbulenten Zeiten an der Frankfurter Otto-Fleck-Schneise dreimal sogar kommissarischer Verbandschef. Seither gilt Sinning als die Frau, die Rainer Koch stürzte. „Ich würde mal so sagen: Wir gehen uns freundlich aus dem Weg“, sagt sie heute über den ehemaligen DFB-Dauerfunktionär.
Sinnings Aufgabengebiet - ein weites Feld
Im 15-köpfigen Präsidium ist die Professorin der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau eine von drei Frauen. Da damals das Aufgabengebiet von Celia Sasic (Vizepräsidentin für Gleichstellung und Diversität) und Sabine Mammitzsch (Frauen- und Mädchenfußball) schnell feststand, musste sich Sinning ihre Zuständigkeit quasi erst suchen.
Sinning, Mutter eine Tochter, wurde beim DFB dann zuständig für Freizeit- und Breitenfußball, Gesundheitssport, Bildung, Wissenschaft, e-Football, Kinder- und Jugendschutz und Prävention sexualisierter Gewalt. Ein weites Feld. Sie dreht so manchen Stein um und versucht, verkrustete Strukturen aufzubrechen.
Fußball auch anders organisieren
„In der veränderten Arbeitswelt wollen viele am Wochenende auch mal zu Hause sein, mit ihren Familien etwas gemeinsam unternehmen und nicht in dem bisher klassischen Wettkampfsystem spielen. Daher müssen wir insbesondere für junge Menschen den Fußball so organisieren, dass es sich in Teilen auch nach ihren Vorstellungen richtet“ erklärt sie als Beispiel. „Wir denken darüber nach, wie man sie mit entsprechenden Apps zum Fußball zusammenholen kann.“
Auch Walking Football, eine Variante für ältere oder mobilitätseingeschränkte Menschen, wo man nur gehen darf, versucht sie voranzubringen.
In der Öffentlichkeit steht Sinning mit all dem nicht. Nach außen hin vertreten den DFB vor allem ein Medienprofi wie Präsident Bernd Neuendorf. Bei den Frauen sind es Ex-Nationalspielerin Sasic, die mit Philipp Lahm durch die Lande zog, um für die Männer-EM im vergangenen Sommer zu werben, oder Hauptamtliche wie Nia Künzer als Direktorin Frauenfußball und Generalsekretärin Heike Ullrich.
„Brauchen mehr Quereinsteiger“
Natürlich will der Verband „mehr Frauen für das Berufsfeld Fußball begeistern“. Das war auch das Motto des Women Football Summit im September in Frankfurt. Knapp 20 Prozent der Führungskräfte und ein Drittel der 650 Personen umfassenden Belegschaft beim DFB sind weiblich. „Der Gedanke ist doch veraltet, dass Fußball und Frauen nicht zusammenpassen. Kompetenzen von Frauen sind wichtig, um international nicht abgehängt zu werden“, sagte Sasic bei der Veranstaltung.
Gerade deshalb fordert Sinning: „Wir brauchen in den Gremien mehr Quereinsteiger, das gilt sowohl für die Männer als auch für die Frauen. Dass man nicht diese ewig lange ehrenamtliche Basiserfahrung vorweisen muss.“ In ihrem Landesverband versucht sie, Leadership-Programme für Frauen oder Workshops mit Spielführern und Spielführerinnen zu etablieren.
Frau an der DFB-Spitze? „In Norwegen hat das funktioniert“
Über mangelnde Anerkennung oder gar blöde Sprüche beklagt sich die DFB-Vizepräsidentin nicht: „Insgesamt gehen alle mit relativ viel Respekt mit mir um. Das liegt vermutlich daran, dass ich einen wissenschaftlichen Hintergrund und eben viele unterschiedliche Erfahrungen mitbringe.“
Ob irgendwann mal eine Frau den DFB anführt? „Ich glaube, es gibt Frauen, die das Amt auch übernehmen könnten“, sagt Sinning. „In Norwegen hat das auch funktioniert.“ Die dortige Fußball-Präsidentin Lise Klaveness machte zuletzt vor der Abstimmung zur umstrittenen Männer-WM 2034 in Saudi-Arabien auf sich aufmerksam: Als einziger nationaler Verband kündigten die Skandinavier an, sich der Stimme zu enthalten.
Der Begriff „großer Tanker“ fällt bei Silke Sinning immer wieder, wenn sie vom Deutschen Fußball-Bund spricht. Und sie sagt lächelnd: „Mit mir hat ja keiner gerechnet.“ Mit einem Knall war die Sportwissenschaftlerin vor zweieinhalb Jahre ins Präsidium eingezogen. Seit knapp drei Monaten ist sie in Hessen die erste Landesverbandspräsidentin in der über 100-jährigen Geschichte des DFB. Mehr Frauen an verantwortlichen Positionen - diese Forderung kennt Sinning nur zu gut. Aber wie funktioniert das in der Praxis?
Die 55-Jährige aus Knüllwald im Schwalm-Eder Kreis hat fast ein Vierteljahrhundert ins Ehrenamt investiert, ehe sie - nach so manchen Machtkämpfen und Streitigkeiten - an der Spitze des Hessischen Fußball-Verbandes angekommen ist.
Es gebe aktuell noch wenige Frauen, die sich im Fußball engagieren - „aber es werden immer mehr“ sagt Sinning im dpa-Gespräch. „Man findet sie in den Vereinen, im Vorstandsbereich, auch als Trainerin oder als Schiedsrichterin. Aber tatsächlich gibt es da noch Nachholbedarf.“ Man wachse nur langsam in die Strukturen rein, so ihre Erfahrung, und müsse dann irgendwann den Mut finden und deutlich machen: „Ja, das Amt traue ich mir zu.“
Genau das tat die frühere Fußballerin im März 2022 - und kegelte beim DFB-Bundestag völlig überraschend Vize Rainer Koch aus dem Präsidium. Der Bayer war in turbulenten Zeiten an der Frankfurter Otto-Fleck-Schneise dreimal sogar kommissarischer Verbandschef. Seither gilt Sinning als die Frau, die Rainer Koch stürzte. „Ich würde mal so sagen: Wir gehen uns freundlich aus dem Weg“, sagt sie heute über den ehemaligen DFB-Dauerfunktionär.
Sinnings Aufgabengebiet - ein weites Feld
Im 15-köpfigen Präsidium ist die Professorin der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau eine von drei Frauen. Da damals das Aufgabengebiet von Celia Sasic (Vizepräsidentin für Gleichstellung und Diversität) und Sabine Mammitzsch (Frauen- und Mädchenfußball) schnell feststand, musste sich Sinning ihre Zuständigkeit quasi erst suchen.
Sinning, Mutter eine Tochter, wurde beim DFB dann zuständig für Freizeit- und Breitenfußball, Gesundheitssport, Bildung, Wissenschaft, e-Football, Kinder- und Jugendschutz und Prävention sexualisierter Gewalt. Ein weites Feld. Sie dreht so manchen Stein um und versucht, verkrustete Strukturen aufzubrechen.
Fußball auch anders organisieren
„In der veränderten Arbeitswelt wollen viele am Wochenende auch mal zu Hause sein, mit ihren Familien etwas gemeinsam unternehmen und nicht in dem bisher klassischen Wettkampfsystem spielen. Daher müssen wir insbesondere für junge Menschen den Fußball so organisieren, dass es sich in Teilen auch nach ihren Vorstellungen richtet“ erklärt sie als Beispiel. „Wir denken darüber nach, wie man sie mit entsprechenden Apps zum Fußball zusammenholen kann.“
Auch Walking Football, eine Variante für ältere oder mobilitätseingeschränkte Menschen, wo man nur gehen darf, versucht sie voranzubringen.
In der Öffentlichkeit steht Sinning mit all dem nicht. Nach außen hin vertreten den DFB vor allem ein Medienprofi wie Präsident Bernd Neuendorf. Bei den Frauen sind es Ex-Nationalspielerin Sasic, die mit Philipp Lahm durch die Lande zog, um für die Männer-EM im vergangenen Sommer zu werben, oder Hauptamtliche wie Nia Künzer als Direktorin Frauenfußball und Generalsekretärin Heike Ullrich.
„Brauchen mehr Quereinsteiger“
Natürlich will der Verband „mehr Frauen für das Berufsfeld Fußball begeistern“. Das war auch das Motto des Women Football Summit im September in Frankfurt. Knapp 20 Prozent der Führungskräfte und ein Drittel der 650 Personen umfassenden Belegschaft beim DFB sind weiblich. „Der Gedanke ist doch veraltet, dass Fußball und Frauen nicht zusammenpassen. Kompetenzen von Frauen sind wichtig, um international nicht abgehängt zu werden“, sagte Sasic bei der Veranstaltung.
Gerade deshalb fordert Sinning: „Wir brauchen in den Gremien mehr Quereinsteiger, das gilt sowohl für die Männer als auch für die Frauen. Dass man nicht diese ewig lange ehrenamtliche Basiserfahrung vorweisen muss.“ In ihrem Landesverband versucht sie, Leadership-Programme für Frauen oder Workshops mit Spielführern und Spielführerinnen zu etablieren.
Frau an der DFB-Spitze? „In Norwegen hat das funktioniert“
Über mangelnde Anerkennung oder gar blöde Sprüche beklagt sich die DFB-Vizepräsidentin nicht: „Insgesamt gehen alle mit relativ viel Respekt mit mir um. Das liegt vermutlich daran, dass ich einen wissenschaftlichen Hintergrund und eben viele unterschiedliche Erfahrungen mitbringe.“
Ob irgendwann mal eine Frau den DFB anführt? „Ich glaube, es gibt Frauen, die das Amt auch übernehmen könnten“, sagt Sinning. „In Norwegen hat das auch funktioniert.“ Die dortige Fußball-Präsidentin Lise Klaveness machte zuletzt vor der Abstimmung zur umstrittenen Männer-WM 2034 in Saudi-Arabien auf sich aufmerksam: Als einziger nationaler Verband kündigten die Skandinavier an, sich der Stimme zu enthalten.
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