08.07.2013 - 13:46 Uhr | News | Quelle: Soccerdonna | von: Christoph Mulitze
«Mein Geheimfavorit ist Spanien»

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Nur noch zwei Tage, dann beginnt endlich die Europameisterschaft. Das erste Spiel bestreiten am Mittwoch Italien und Finnland (Anstoß 18 Uhr, Eurosport). Am Donnerstag startet Deutschland ins Turnier: Ab 20.30 Uhr (ZDF und Eurosport) spielt der Titelverteidiger gegen die Niederlande. Anja Mittag, Stürmerin im deutschen Kader, kickt seit zwei Jahren im Gastgeberland für den FC Malmö. Im Gespräch mit Christoph Mulitze sagt sie, welcher jungen deutschen Spielerin sie den größten Sprung zutraut, weshalb uns Island in der Vorrunde gefährlich werden kann und warum Spanien ihr Geheimfavorit ist.

Soccerdonna.de: Hallo Frau Mittag, hur mår du? (Anm.: Wie geht's?)

Anja Mittag: Jag mår bra. Tack så mycket. (Anm.: Mir geht es gut. Vielen Dank.)

Soccerdonna.de: Wie klappt es mit der schwedischen Sprache?

Anja Mittag: Sehr gut. Ich habe am Anfang einen Kursus besucht. In der Mannschaft unterhalten wir uns alle auf Schwedisch, und ich lese hier regelmäßig Zeitungen. Das geht dann recht schnell.

Soccerdonna.de: Sind Sie schon heiß auf die EM?

Anja Mittag: Oh ja! Wir hatten bis zum Mittwoch einen Lehrgang mit dem Team, jetzt genieße ich noch ein paar Tage Ruhe hier in Malmö. Das Wetter ist prächtig, von mir aus kann es losgehen!

Soccerdonna.de: Als wir das letzte Mal miteinander sprachen, hatte die Bundestrainerin Sie gerade aus dem WM-Kader gestrichen...

Anja Mittag: ... so lange ist das schon her?

Soccerdonna.de: ... ja, und Sie waren sehr enttäuscht. Was hat sich seitdem verändert?

Anja Mittag: Ich bin nach Schweden gewechselt. Das war die vielleicht beste Entscheidung in meinem Leben. Ich musste was anderes machen, ich stagnierte und brauchte eine neue neue Herausforderung. Hier konnte ich unbelastet spielen, es gab keine Erwartungen an mich.

Soccerdonna.de: Haben Sie 2011 darüber nachgedacht, die Nationalmannschaftskarriere zu beenden?

Anja Mittag: Nein, keine Sekunde. Die Nicht-Nominierung war damals berechtigt. Ich war nicht in Form, und es gab acht andere Stürmerinnen, die besser drauf waren als ich. Es war knapp, Nuancen hatten entschieden.

Soccerdonna.de: Sie schießen für den FC Malmö wieder Tore am Fließband. Was ist in Schweden im Frauenfußball anders als im deutschen Liga-Betrieb?

Anja Mittag: Das Spiel in Schweden ist körperbetonter. Die meisten Fußballerinnen sind hier physisch stärker und robuster, während sie in der Bundesliga technisch besser und kompletter sind.

Soccerdonna.de: Wie schätzen Sie den Vereinsfußball der Frauen in Schweden ein?

Anja Mittag: Die Liga ist relativ ausgeglichen. Aber diesen Trend sehe ich auch in der Bundesliga. Die besten Teams aus Schweden könnten in der Bundesliga gut mithalten.

Soccerdonna.de: Die Gleichberechtigung in Schweden ist weiter als in Deutschland. Welchen Stellenwert genießt der Frauenfußball in der schwedischen Öffentlichkeit?

Anja Mittag: Die Medienpräsenz ist hoch. In den Zeitungen und im Fernsehen wird mehr mehr und ausführlicher über Frauenfußball berichtet als in Deutschland. Eine Partie pro Spieltag wird sogar live im Fernsehen übertragen. Die Zuschauerzahlen in den Stadien sind allerdings etwas niedriger als in Deutschland; allerdings hat das Land auch nur neun Millionen Einwohner. Deshalb sind durchschnittlich 700 bis 800 Zuschauer bei uns in Malmö schon sehr beachtlich.

Soccerdonna.de: Was unterscheidet die Schweden von den Deutschen?

Anja Mittag: Mir ist schnell aufgefallen, dass die Menschen hier generell lockerer, freundlicher und hilfsbereiter sind. In Deutschland sind viele doch eher steif und formell.

Soccerdonna.de: Was können wir alle von der EM erwarten?

Anja Mittag: Die Schweden sind fußballverrückt. Besonders an den Spielorten fiebern sie dem Ereignis entgegen. Die Medien begleiten die EM schon im Vorfeld sehr ausführlich, und es gibt sogar einige Sonderhefte, die anscheinend gut angenommen werden.

Soccerdonna.de: Werden die Stadien voll sein?

Anja Mittag: Bei den schwedischen Spielen auf jeden Fall. Ich denke, auch andere Spiele werden gut besucht sein.

Soccerdonna.de: Die deutsche Mannschaft muss auf zahlreiche erfahrene Spielerinnen verzichten - ist das ein Nachteil oder vielleicht sogar ein Vorteil, weil jetzt die Jungen nach vorne drängen?

Anja Mittag: Was soll ich darauf antworten?! Natürlich wird die eine oder andere fehlen, aber wir müssen es nehmen, wie es ist, und nicht nach Ausreden suchen.

Soccerdonna.de: Wem trauen Sie von den jungen Spielerinnen den größten Sprung nach vorne zu?

Anja Mittag: Lena Lotzen. Und natürlich Leonie Maier, die sich ja schon stark in den Vordergrund gespielt hat.

Soccerdonna.de: Lena Lotzen ist Stürmerin wie Sie. Ist es vorstellbar, dass eine Anja Mittag sich bei der EM nur noch auf der Ersatzbank wiederfindet?

Anja Mittag: Vorstellbar ist alles, aber ich hoffe es natürlich nicht. Die jungen Spielerinnen haben viel Qualität. Aber letztlich liegt es an mir, ob ich spielen werde.

Soccerdonna.de: Wie schätzen Sie unsere Vorrundengegner ein?

Anja Mittag: Wir müssen aufpassen, jedes Team kann uns gefährlich werden. Die Niederlande liegt uns meiner Meinung nach nicht so. Auch die Isländerinnen dürfen wir nicht unterschätzen; die spielen einen körperbetonten, robusten Fußball. Das mögen wir Deutschen nicht so.

Soccerdonna.de: Wer sind Ihrer Meinung nach die Titelfavoriten?

Anja Mittag: Deutschland, Schweden, Frankreich. Mein Geheimfavorit ist Spanien. Die haben ganz ausgezeichnete Technikerinnen wie zum Beispiel Veronica Boquete, die hier in Schweden bei Tyresö spielt.

Soccerdonna.de: Und wer holt den Titel?

Anja Mittag: Deutschland natürlich - was soll ich anderes sagen?!

Soccerdonna.de: Besten Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Titelverteidigung.

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