09.04.2020 - 12:09 | News | Kaynak: Soccerdonna | von: Fiona John
Ecem Cumert: Ich würde jederzeit zurück in die Türkei wechseln

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©SV Alberweiler

Die türkische Nationalspielerin Ecem Cumert spielt aktuell bei ihrem Heimatverein SV Alberweiler in der Regionalliga Süd. Dort hat die türkisch-deutsche Mittelfeldspielerin bereits in der B-Juniorinnen Bundesliga Spielpraxis gesammelt, bevor sie beim SC Freiburg erstmals Profiluft schnuppern durfte. Dann zog es die gebürtige Ehingerin in die Türkei, wo sie ein Jahr bei bei Atasehir Belediyespor spielte und sogar türkischer Meister wurde.


Soccerdonna: Wie kam der Wechsel in die Türkei zustande?

Ecem Cumert: Es war so, dass ich eigentlich zu einem anderen Verein gewechselt wäre, eigentlich wäre ich gar nicht zu Atasehir gegangen. Ich hatte ein Gespräch mit der anderen Mannschaft, dort hat es aber nicht funktioniert - wir sind auf keinen Nenner gekommen. Daraufhin hat mich eine Freundin zum Gespräch nach Atasehir mitgenommen, wo ich im Endeffekt dann auch hingewechselt bin. Da kannte man mich schon von der Nationalmannschaft und so hat sich das ergeben. Aber der Plan war eigentlich eine andere Mannschaft.


Soccerdonna: Was ist der Unterschied zwischen dem Fußball in der Türkei und hier?

Ecem Cumert: Also auf jeden Fall, dass die Liga und auch allgemein der Frauenfussball in der Türkei nicht wirklich weit ist. Sei es von den Trainingsmöglichkeiten oder von der Koordination mit der Schule und dem Sport. Da sind die in der Türkei noch in der Entwicklung. Es ist nicht so wie in Deutschland, wo der Frauenfußball sehr weit ist, sodass man auch mit Schulen kooperieren kann. Da sind die in der Türkei eher noch hinterher.


Soccerdonna:Verdient man als Profi-Spielerin in der Türkei genug, um davon Leben zu können?

Ecem Cumert: In der ersten Liga hat jede Spielerin einen Vertrag und verdient dann auch Geld. Somit habe ich auch Geld verdient. Neben dem Fußball habe ich nicht gearbeitet, ich habe wirklich nur von meinem Gehalt leben können.


Soccerdonna:Wie wurde eure Meisterschaft gefeiert?

Ecem Cumert: Das Stadion war eigentlich immer voll, es waren immer so 100 bis 200 Leute da. Man muss sagen, dass wir eigentlich nur Frauen als Fans hatten. Es wurde echt groß gefeiert, als wir Meister geworden sind. In der Stadt wurden Bilder von uns aufgehängt und es wurde richtig viel Stimmung gemacht.


Soccerdonna:Wieso bist du bereits nach einer Saison wieder zurück nach Deutschland gewechselt, obwohl die Saison so erfolgreich war?

Ecem Cumert: Es war so, dass ich bei meinem Wechsel in die Türkei noch keine Ausbildung oder ein Studium gemacht hatte. Deswegen bin ich wieder zurück nach Deutschland gewechselt, um hier etwas Festes in die Hand zu nehmen. Im Frauenfußball ist es halt schwer davon zu leben, deshalb bin ich zurück gekommen. Aber es steht noch offen, ob ich für immer in Deutschland spielen werde. Ich würde auch jederzeit gerne wieder zurück wechseln.


Soccerdonna:Warum hast du dich bei der Wahl der Nationalmannschaft für die Türkei entschieden, obwohl du für DFB U-Mannschaften gespielt hast?

Ecem Cumert: Es war so, dass ich in Gütersloh das Hallenmasters-Turnier mitgespielt habe. Dort war auch der türkische Trainer und hat mich einfach angesprochen und gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte, für die Türkei zu spielen. Zu dem Zeitpunkt habe ich allerdings noch für die U16 in Deutschland gespielt, da war ein Wechsel noch kein Thema. Mit der U17 Nationalmannschaft habe ich dann ein Turnier mitgespielt und mich danach um entschieden. Ich habe mir gedacht, wenn ich für die Türkei spiele, ist es für mich wahrscheinlich einfacher in die A-Mannschaft zu kommen, weil es beim DFB eben enger wird nach oben hin. Deshalb habe ich mich für die Türkei entschieden, wo ich von Anfang an für den A-Kader geplant war. Das kann ich ganz offen und ehrlich so sagen.


Soccerdonna:Was sind deine Ziele mit der Nationalmannschaft?

Ecem Cumert: Wir haben gerade noch die EM-Qualifikation am Laufen. Da hoffe ich natürlich, dass wir gut abschneiden. Mein Ziel ist es, mit der Nationalmannschaft mehr Aufmerksamkeit in der Türkei zu erzielen. Ich wünsche mir, dass man uns mehr unterstützt und dass wir jetzt gute Spiele abliefern. Wir haben einen komplett neuen Kader, eine neue Trainerin und ein komplett neues Funktionsteam. Wir wollen uns zeigen. Dass ist das Ziel von uns allen und ein ganz persönliches Ziel von mir.


Soccerdonna:Hast du das Gefühl, dass sich die Haltung zum Frauenfußball in der Türkei schon geändert hat?

Ecem Cumert: Ich denke, es hat sich schon viel geändert, das kommt natürlich auch vom Verband. Die Kaderumstellung war schon mal, finde ich persönlich, das Beste, was sie hätten machen können. Wir sind jetzt oft im Fernsehen und die Vereine und auch der Verband in der Türkei tun jetzt sehr viel dafür, dass die Frauen ein bisschen im Vordergrund stehen dürfen. Zum Beispiel hat Besiktas Istanbul ein Spiel gegen Atletico Madrid gespielt, wo 35.000 Zuschauer waren. Das ist schon mal ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es wird auf jeden Fall viel getan und ich denke in den nächsten Jahren wird auch noch viel auf uns zukommen. Ich hoffe, dass sich dann alles bessern wird und dass wir natürlich auch erfolgreicher sind.


Soccerdonna:Springen wir mal von der Türkei zum Anfang deiner Karriere in Deutschland. Mit Alberweiler hast du schon in der B-Jugend Bundesliga gespielt, bist dann Ligaintern zu Freiburg gewechselt. Ein großer Schritt – was hat dich überzeugt?

Ecem Cumert: Ich kann eigentlich nur gut über Freiburg reden. Die haben auf jeden Fall eine sehr gute Jugend. Die holen immer die Besten von den Besten. Wir hatten damals in der U17 schon ein richtig richtig gutes Team. Bei Freiburg passt es auf jeden Fall in alle Richtungen. Sei es vom Verein her oder von der Kooperation mit der Eliteschule. Und ich meine, die Stadt ist geil, es liegt alles beieinander. Du kommst mit dem Fahrrad überall gut hin und außerdem ist Freiburg eine Studentenstadt. Die Leute, die Stadt, der Verein - bei Freiburg passt alles. Man fühlt sich direkt wohl. Die machen das alles sehr gut da unten. Für jede junge Spielerin würde ich den SC Freiburg auf jeden Fall empfehlen, vor allem für die Weiterentwicklung. Ich denke, ich habe meine Athletik zum Beispiel, den Athletiktrainern da unten zu verdanken. Man hat sehr viel dazu lernen können, vor allem weil man morgens im Athletiktraining auch mit den Profispielerinnen trainieren durfte. Das war für mich das Besondere, da einfach mal ein bisschen reinzuschnuppern. Für eine U17-Spielerin war das natürlich der Hammer.


Soccerdonna:Seit Sommer 2018 bist du nun wieder zurück bei Alberweiler – wie war es für dich zurückzukommen?

Ecem Cumert: Ich habe mich damals in der U17 eigentlich sehr gut verabschiedet, deshalb wurde ich direkt gut aufgenommen. Klar hieß es am Anfang: „Ok jetzt kommt eine Nationalspielerin und bla“ aber ich wurde direkt gut aufgenommen und habe mich auch schnell in die Mannschaft integrieren können. Als ich zurück nach Deutschland wechseln wollte, war Alberweiler auf jeden Fall direkt mein erster Gedanke und es ist alles top. Ich spiele sogar noch mit drei Spielerin aus der U17 von damals zusammen. Mit ein paar Spielerinnen habe ich auch schon in der württembergischen Auswahl zusammen gespielt und viele kannte man schon vom Hören oder Sehen. Von daher kann man nichts sagen.


Soccerdonna:Was sind deine persönlichen Ziele und die Ziele mit der Mannschaft nach der Corona-Krise?

Ecem Cumert: Falls die Saison weiter gehen sollte, ist Fakt, dass jede von uns oben mitspielen will. Ich denke, dass wir das Potenzial haben aufzusteigen, gar keine Frage. Unser gemeinsames Ziel ist ganz klar, unter die erstes drei zu kommen. Oben mitspielen ist auch eines meiner persönlichen Ziele. Ansonsten sind meine Ziele natürlich verletzungsfrei zu bleiben und weiterhin erfolgreich zu sein, auch mit der Nationalmannschaft. Ich hoffe natürlich, dass ich wieder nominiert werde.


Soccerdonna:Du warst sehr lange verletzt – wie ist dein aktueller Gesundheitszustand?

Ecem Cumert: Ich war jetzt circa vier Monate weg. Klar, in der Zeit habe ich nicht nichts gemacht, das kann man nicht sagen. Ich habe auch trainiert, aber durfte eben nicht an den Ball. Inzwischen trainiere ich wieder ganz normal mit der Mannschaft. Bevor jetzt die Corona-Krise angefangen hat, war ich auch gut mit dabei. Das erste Spiel habe ich auch schon wieder gespielt. Jetzt ist leider die Krise da, das ist ein blödes Timing, aber mir geht es wieder gut.


Soccerdonna:Wie geht ihr in der Mannschaft mit der Corona-Krise um? Wie trainiert ihr bzw. haltet ihr euch fit?

Ecem Cumert: Wir kriegen jeden Sonntag Trainingspläne, die wir absolvieren müssen. Außerdem haben wir Challenges unter der Mannschaft. Zum Beispiel ist eine Challenge Fahrrad fahren. Es gibt zwei Teams und jedes Team muss 500km in einer Woche fahren – dabei muss jede Spielerin aufs Rad. Mit den Challenges und Trainingsplänen versuchen wir uns fit zu halten. Von der Intensität finde ich die Trainingspläne okay. Manchmal kommen auch High Intensity Training-Workouts mit rein, dass ist dann schon ein bisschen hart, aber man soll sich ja auch auspowern. Klar ist es nicht dasselbe, als wenn du mit der Mannschaft trainierst, aber ich denke, dass wir uns damit einigermaßen fit halten können.



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