agische Nacht in Getafe: Torfrau Sarholz und der Sieg mit Potsdam


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agische Nacht in Getafe: Torfrau Sarholz und der Sieg mit Potsdam |  Startbeitrag 21.05.2020 - 11:22
  Prytz2
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FC Hansa Rostock
Ein blonder Teenager verhilft Turbine Potsdam zum Sieg im ersten Finale der Champions League der Frauen. Im Elfmeterkrimi von Getafe erlebt die 17 Jahre alte Anna Felicitas Sarholz ihren persönlichen Fußball-Traum. Auch zehn Jahre später ist die Spannung noch spürbar.

Es war knapp eine Stunde vor Mitternacht am 20. Mai 2010 in Getafe. Turbine Potsdams Torfrau Anna Felicitas Sarholz hechtete halbhoch in die rechte Ecke. Sie wollte den Elfmeter von Elodie Thomis parieren. «Doch der Ball flog über mich hinweg und ich dachte, Mist», erinnert sich die damals 17-Jährige. Doch dann merkte Sarholz, dass der Ball von der Latte zurück ins Feld sprang. «Wie in Zeitlupe habe ich realisiert: Moment, wir haben vorgelegt und führten - also haben wir gewonnen.» Und sie selbst hatte in dem dramatischen Elfmeterschießen entscheidenden Anteil.

Kurze Zeit später stürmte die Torhüterin über den Rasen, von ihren Mitspielerinnen kaum einzukriegen. Turbine Potsdam hatte die Champions League gewonnen! Durch ein 7:6 im Elfmeterschießen gegen Olympique Lyon.

Bereits im Halbfinale war Anna Felicitas Sarholz die Heldin. Im Rückspiel gegen den FCR Duisburg hielt sie im Elfmeterschießen vier Versuche und brachte Turbine ins Endspiel nach Getafe, einem Vorort von Madrid. Noch im Hinspiel gegen Duisburg (0:1) stand Desiree Schumann im Tor, ehe sich der damalige Trainer Bernd Schröder für Sarholz in der zweiten Partie entschied. «Eine Bauchentscheidung», wie sich der heute 77-Jährige in seiner Biografie erinnert.

Und im Finale? «Nach dem Mittagessen kam Bernd Schröder zu mir und sagte, dass ich am Abend im Tor stehen werde», erzählt die gebürtige Kölnerin. Die Gefühle? Gemischt. «Natürlich war ich dankbar für das entgegengebrachte Vertrauen, es war Ehre und Auszeichnung zugleich. Doch dann liegst du auf dem Hotelbett und denkst, wenn ich heute danebengreife, dann war es das mit der Champions League, es gibt ja kein Rückspiel mehr.»

Zum ersten Mal seit 2002 fand das Finale des vom Frauen UEFA-Cup zur Champions League geadelten Wettbewerbs wieder nur in einem Spiel statt. Vor den 11 000 Zuschauern im Coliseum Alfonso Perez fand Turbine nur schwer ins Spiel. Lyon, 2010 noch nicht ganz die europäische Übermacht im Frauenfußball wie heute, hatte die besseren Chancen in den ersten 45 Minuten. «Ein-, zweimal musste ich eingreifen», so Sarholz. Nach dem Wechsel wurde Turbine zwar stärker, das Tor trafen die Potsdamerinnen wie auch die Französinnen nicht. Nicht in 90 Minuten, nicht in den 30 Minuten der Verlängerung. Also musste das Duell vom Elfmeterpunkt entschieden werden.

Nachdem Jennifer Zietz und Anja Mittag an Lyons Schlussfrau Sarah Bouhaddi scheiterten, führte OL 3:2. Hätte auch Amandine Henry getroffen, hätte Turbine das Spiel verloren. Sarholz blickt zurück: «In dem Augenblick war mir gar nicht klar, dass es der entscheidende Ball hätte sein können. Was vielleicht auch ganz gut so war...»

Vor dem Schuss tauschte die Torfrau noch einmal kurze Blicke mit ihrem Torwarttrainer Dirk Heinrich aus. «Er bedeutete mir, ich solle länger warten, ehe ich mich für eine Ecke entscheide.» Und so blieb Sarholz cool, erwartete mit verschränkten Armen die nächsten beiden Schützinnen - und hielt die Versuche. Erst den von Henry, danach auch den von Isabell Herlovsen.

Zwischendurch glich Isabel Kerschowski für Turbine aus. Und da vorher bereits Babett Peter und Viola Odebrecht für den Deutschen Meister trafen, ging es in die finalen Runden. Yuki Nagasato und Lira Bajramaj (heute Alushi) brachten die Schröder-Elf erstmals im Elfmeterschießen in Führung. Dann musste Sarholz ran - und traf ins linke Eck. «Ich fühlte mich gut, also habe ich gesagt, dass ich schießen will. Zum Glück war der Weg für mich nicht ganz so weit bis zum Punkt.» Auch Bouhaddi verwandelte souverän, ehe Bianca Schmidt zum 7:6 traf. Dann war Thomis für Lyon an der Reihe. Der 18. Elfer.

«Ich glaube, wir schossen schon seit 30 Minuten», sagt Sarholz, «irgendwann willst du dann nur noch, dass es vorbei ist». Zwar konnte Sarholz den Schuss nicht abwehren, doch die Latte kam ihr und Turbine zu Hilfe. Nach 2005 holten sich die Potsdamer Fußballerinnen den zweiten internationalen Titel. «Zwei Elfer gehalten, einen verwandelt - Finale gewonnen. Ich finde, das bringt es ziemlich auf den Punkt», zieht Sarholz heute ein persönliches Kurzfazit.

Für den sechsmaligen Meister aus Potsdam sollte es bis heute der letzte internationale Titel sein. Infrastrukturell und wirtschaftlich wird es für reine Frauenfußballclubs in Deutschland immer schwerer. «Ich hoffe, dass es für Turbine bald auch international wieder aufwärts geht», wünscht sich Sarholz für ihren Ex-Club, den sie 2015 nicht ganz ohne Nebengeräusche verlassen musste. «Heute bin ich mit Turbine im Reinen, auch wenn der Abschied damals schmerzvoll war», sagt Sarholz. Heute betreibt sie in Dessau eine Torwartschule - und hilft ab und an beim Regionalligisten RB Leipzig im Tor aus.
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