18.02.2014 - 23:18 Uhr | News | Quelle: Soccerdonna
«Ich will die Demut nicht verlieren»

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Kathrin Längert hütet seit Sommer 2009 das Tor des FC Bayern München. Die Spielführerin, die zum Kreis der Nationalmannschaft gehört, aber noch kein offizielles Länderspiel bestritten hat, zählt mit 26 Jahren zu den erfahrensten Spielerinnen im Bayern-Kader. Im Interview mit Christoph Mulitze spricht sie über ihre sportlichen Ziele, rätselhafte Schüsse ins Bein und was sie sich von einer Fee wünschen würde.

Soccerdonna.de: Hallo Frau Längert, am kommenden Wochenende geht es auch für den FC Bayern wieder los. Auf einer Skala von null bis zehn - wie heiß sind Sie schon auf die Rückrunde?

Kathrin Längert: Elf. Im Ernst, ich kann es kaum erwarten.

Soccerdonna.de: Der Start hat es in sich: Ihr Verein hat zwei Heimspiele innerhalb von 72 Stunden gegen Potsdam und Wolfsburg. Was erwarten Sie in diesen beiden Partien?

Kathrin Längert: Das werden auf jeden Fall anspruchsvolle Spiele. Beide Gegner haben eine unterschiedliche, aber sehr hohe Qualität. Wir sind zu Hause stark und haben Potsdam und Wolfsburg in der vergangenen Saison besiegt.

Soccerdonna.de: Der FC Bayern hat fünf Punkte Rückstand auf den Tabellenzweiten Potsdam - was geht da noch?

Kathrin Längert: Das hängt entscheidend von den ersten beiden Spielen ab. Danach wissen wir, wohin die Reise geht. Gut wäre es, wenn wir den Abstand verringern könnten und die Teams vor uns in greifbarer Nähe bleiben würden. Fest steht: Wir haben alles selbst in der Hand und können noch alles erreichen.

Soccerdonna.de: Auch die Meisterschaft?

Kathrin Längert: Das haben wir nie als Ziel ausgegeben. Wir wollen uns stetig verbessern. Nicht nur tabellarisch, sondern wir wollen uns auch spielerisch weiterentwickeln.

Soccerdonna.de: Sie spielen seit Saisonbeginn im traditionsreichen Grünwalder Stadion. Dort waren einst große Spieler wie Franz Beckenbauer und Gerd Müller zu Hause, und Sepp Maier stand in Ihrem Tor oder umgekehrt. Ist das für Sie etwas Besonderes?

Kathrin Längert: Ich bin zwar keine gebürtige Münchnerin, weiß aber, dass man das Stadion eher mit 1860 als mit dem FC Bayern assoziiert. Auf jeden Fall ist es ein sehr schönes Stadion, und es macht großen Spaß, dort zu spielen. Wir merken, dass wir in der Stadt angekommen sind. Das Stadion hat eine tolle und zentrale Lage. Die Zuschauerzahlen sind durch den Umzug auch besser geworden.

Soccerdonna.de: Hat sich Ihr Spiel durch den Stadionumzug verändert? Sie sind ja ziemlich heimstark.

Kathrin Längert: Das waren wir auch in Aschheim. Ich finde nicht, dass sich unser Spiel dadurch verändert hat.

Soccerdonna.de: Was auffällt: Gegen große Mannschaften spielt der FC Bayern toll, aber gegen kleinere Teams lassen Sie gerne mal Punkte liegen.

Kathrin Längert: Das stimmt leider. Wir haben ein Talent, uns immer wieder ins eigene Bein zu schießen. Woran das genau liegt, weiß ich auch nicht. Sonst hätten wir das schon abgestellt. Das Gute ist aber: Es liegt allein an uns, wir sind da nicht von anderen abhängig.

Soccerdonna.de: Wie fällt Ihre Bilanz der Hinrunde aus?

Kathrin Längert: Sehr durchwachsen. Wir sind gut gestartet und haben dann zum Ende hin abgebaut. Das Spiel in Frankfurt war ein Knackpunkt. Dort wurden uns die Grenzen aufgezeigt. Trotzdem ist es mir ein Rätsel, warum wir unsere gute Ausgangsposition so leichtfertig verschenkt haben. Daran hatte ich in der Winterpause ein bisschen zu knacken. Deshalb bin ich jetzt auch so heiß, wieder spielen zu können. Wir wollen nach zuletzt vier sieglosen Spielen endlich wieder ein Erfolgserlebnis.

Soccerdonna.de: Welche Mannschaften haben Sie positiv überrascht?

Kathrin Längert: Das ist schwierig zu sagen. Ich habe ja nur unsere Spiele gesehen und von den anderen meistens nur die Tore. Der 1.FFC Frankfurt hat mich in seiner Konstanz überrascht.

Soccerdonna.de: Und wer war die negative Überraschung?

Kathrin Längert: Es steht mir nicht zu, mich dazu zu äußern.

Soccerdonna.de: Eigenständige, zum Teil traditionsreiche Frauenvereine kämpfen ums Überleben oder mussten bereits aufgeben. Andererseits drängen Vereine wie Bayern München, SC Freiburg, TSG Hoffenheim, Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg nach vorne. Wenn wir noch den FCR, der zum MSV Duisburg geworden ist, mitzählen, haben die Hälfte aller Frauen-Bundesligisten ein mehr oder weniger starkes Männer-Team an der Seite. Liegt da die Zukunft des Frauenfußballs in Deutschland?

Kathrin Längert: Zumindest geht die Entwicklung der vergangenen Jahre dorthin. Wir wollen ja professionelleren Frauenfußball, und dafür braucht man bessere Strukturen. Diese sind nun mal durch die Herren Bundesligaclubs gegeben, weil sie mehr Geld haben und auch die Zeit hatten zu wachsen. Die meisten wurden um 1900 gegründet, während der Frauenfußball bis 1970 in Deutschland verboten war. Durch sie haben wir eine bessere Infrastruktur und arbeiten professioneller, wodurch wir erfolgreicher und auch mehr wahrgenommen werden. Es wird spannend, die weitere Entwicklung im Frauenfußball in den nächsten Jahren zu verfolgen.

Soccerdonna.de: Was bedeutet das perspektivisch für Teams wie Turbine Potsdam und den 1.FFC Frankfurt? Müssen die sich langfristig mit Hertha BSC und Eintracht Frankfurt zusammenschließen, um mithalten zu können?

Kathrin Längert: Das ist nicht zwingend. Sie scheinen gut aufgestellt zu sein, sonst würden sie nicht seit Jahren den Frauenfußball beherrschen.

Soccerdonna.de: Lassen Sie uns über Kathrin Längert sprechen: Sie sind 26 und kommen jetzt erst ins beste Torwartalter. Sie sind Spielführerin des FC Bayern, haben eine starke Präsenz, sind laut auf dem Platz und eine echte Führungsspielerin. Ist es da nicht enttäuschend für Sie, dass Sie noch kein Spiel für die Nationalmannschaft bestritten haben?

Kathrin Längert: Was heißt enttäuschend? Natürlich wäre es schön, wenn ich schon Länderspiele hätte, aber ich hadere nicht damit. Ich freue mich auch nach acht Jahren immer noch auf jedes Spiel, das ist doch toll! Ich will nicht eine gewisse Demut verlieren. Ich habe einen wunderbaren Job und bin Profi. Natürlich bin ich auch ehrgeizig, aber ich mache mich nicht verrückt.

Soccerdonna.de: Almuth Schult und Laura Benkarth gelten als Nachfolgerinnen von Nadine Angerer im Tor der Nationalelf. Das ist die neue, junge Torwartgeneration. Sie stehen da wieder etwas hinten an. Ist das der Fluch der späteren Geburt?

Kathrin Längert: Ja, das kann man so sehen. Manchmal passt das Timing eben nicht. Es gehört auch großes Glück dazu, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Silke Rottenberg und Nadine Angerer haben jeweils eine Ära geprägt. Da haben viele in die Röhre geguckt. Ich stehe da nicht alleine. Aber ich habe ja noch vor, ein paar Jahre zu spielen. Wer weiß, was noch alles passiert.

Soccerdonna.de: Früher hieß es, Linksaußen und Torhüter seien ein bisschen verrückt. Trifft das auf Sie auch zu?

Kathrin Längert: Hm, ich habe - im positiven Sinne - sicher einen an der Waffel. Das heißt nicht, dass ich auf dem Platz irgendwelche Mätzchen mache. Da bin ich voll aufs Spiel fokussiert. Aber ich bin emotional und extrovertiert. Ich komme ja aus dem Ruhrpott, da trägt man das Herz auf der Zunge.

Soccerdonna.de: Beschreiben Sie uns doch mal die Person Kathrin Längert. Was machen Sie in Ihrer Freizeit, womit beschäftigen Sie sich?

Kathrin Längert: Ich bin sehr kulturinteressiert. Ich gehe gern ins Kino und auf Konzerte, lese viel und besuche auch Lesungen. Ich reise gerne, aber immer woanders hin. Es ist schön, mal am Strand zu liegen, aber ich kann das nicht 14 Tage lang. Wenn ich verreise, muss ich immer auch die Landeskultur schnuppern, Klöster, Museen und andere Sehenswürdigkeiten besuchen. All-Inclusive-Urlaube sind nicht mein Ding. Ich stehe auf Roadtrips. Zudem bin ich ein Familienmensch und unternehme viel mit meinen Freunden.

Soccerdonna.de: Was zeichnet Sie auf dem Platz aus?

Kathrin Längert: ich halte mich für zielgerichtet und kann hart arbeiten. Im Ruhrpott sind wir ja bekanntlich Malocher, das habe ich sicherlich von zu Hause mitbekommen.

Soccerdonna.de: Leben Sie vom Fußball?

Kathrin Längert: Ja, ich bin seit einem Jahr Vollprofi.

Soccerdonna.de: Sie haben Germanistik und Anglistik studiert. Was macht das Studium?

Kathrin Längert: Ich habe das Studium mit dem Schwerpunkt neuere deutsche Literatur abgeschlossen.

Soccerdonna.de: Was war das schönste Spiel in Ihrer bisherigen Karriere?

Kathrin Längert: Puh. Das ist schwer zu sagen. Ich habe das Glück, dass ich viele Highlights erleben durfte. Das erste Bundesligaspiel vergesse ich nicht. Das war mit Duisburg gegen Bad Neuenahr. Wir gewannen durch ein Tor von Simone Laudehr mit 1:0. Dann fallen mir natürlich die beiden DFB-Pokalendspiele ein – vor allem mit Bayern, als wir überraschend siegten, und der UEFA-Cup-Gewinn mit dem FCR gegen Perm in der ausverkauften MSV-Arena. Ein tolles Erlebnis war auch das Abschiedsspiel von Birgit Prinz mit der Nationalmannschaft.

Soccerdonna.de: Sie sind in Essen geboren, haben dort lange für Schönebeck und später für den FCR Duisburg gespielt. Das Revier bleibe immer ihre Heimat, haben Sie mal in einem Interview gesagt. Die Bayern haben bekanntlich eine ganz andere Mentalität. Wie kommen Sie damit zurecht?

Kathrin Längert: Mittlerweile gut. Ich fühle mich hier sehr wohl, habe viele Freunde, auch aus dem Studium. Ich bin ja nicht aufs Land umgezogen, sondern von Köln nach München, das sind beides Weltstädte.

Soccerdonna.de: Bei den Männern des FC Bayern stehen viele Stars im Kader. Treffen Sie die schon mal, kennen Sie sich untereinander?

Kathrin Längert: Nicht persönlich. Manchmal laufen wir uns über den Weg, weil wir ja auch an der Säbener Straße trainieren. Oder wir sehen uns in der vereinseigenen Kantine. Aber viele Berührungspunkte haben wir nicht.

Soccerdonna.de: Welchen Stellenwert hat der Frauenfußball in diesem Weltverein?

Kathrin Längert: Natürlich schweben die männlichen Profis über allem. Das ist auch klar, sie sind schließlich der Kern des Vereins, der diesen finanziert. Aber wir sind nicht ausgelagert, sondern gehören auch zur AG und bekommen alles, was wir brauchen. Ich habe nicht den Eindruck, dass wir auf Wichtiges verzichten müssten, nur weil wir die Frauenabteilung sind.

Soccerdonna.de: Um Sie noch besser kennenzulernen, ein paar Alternativfragen: Borussia Dortmund oder Schalke 04?

Kathrin Längert: Bayern München steht nicht zur Auswahl, deshalb: Borussia Dortmund.

Soccerdonna.de: Köln oder Essen?

Kathrin Längert: Beides.

Soccerdonna.de: Krimi oder Liebesfilm?

Kathrin Längert: Das ist schwierig. Krimis mag ich gar nicht. Ich stehe mehr auf Independent-Filme.

Soccerdonna.de: Punk oder Pop?

Kathrin Längert: Punk.

Soccerdonna.de: Mini oder Mercedes?

Kathrin Längert: Hm. Eher Mini. Aber ich bin gar kein Autofan.

Soccerdonna.de: Benkarth oder Schult?

Kathrin Längert: Ich gönne es beiden. Wer im Tor steht, hat es verdient.

Soccerdonna.de: Die Zeit oder Der Spiegel?

Kathrin Längert: Ich hatte beides schon im Abo, im Moment lese ich wieder den Spiegel.

Soccerdonna.de: Deutscher Meister oder Pokalsieger?

Kathrin Längert: Deutscher Meister. Der Titel fehlt mir noch.

Soccerdonna.de: Wer wird denn Deutscher Meister 2014?

Kathrin Längert: Es ist so eng vorne in der Tabelle, dass ich mich nicht festlegen will, sorry.

Soccerdonna.de: Welche sportlichen Ziele haben Sie noch?

Kathrin Längert: Ich würde gerne mal Deutscher Meister werden. Und gerne würde ich wieder international spielen. Es hat großen Spaß gemacht, sich mit Vereinen aus anderen Ländern zu messen. Auch das Thema Nationalmannschaft habe ich noch nicht abgehakt.

Soccerdonna.de: Wo sehen Sie nach der Karriere Ihre berufliche Zukunft - und werden Sie ins Ruhrgebiet zurückkehren?

Kathrin Längert: Würde mich das eine Fee fragen, würde ich sagen: Lektorin. Egal ob zum Beispiel Kinderbücher oder Romane. Aber auch einen Job im Journalismus könnte ich mir gut vorstellen. In welcher Stadt ich dann lebe, wird man sehen.

Soccerdonna.de: Vielen Dank, Frau Längert, und alles Gute weiterhin.

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