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26.09.2017 - 15:01 Uhr | News | Quelle: Soccerdonna
«Ich kann mir ein Comeback vorstellen»
©psg.fr
Soccerdonna.de: Hallo Frau Alushi, Sie waren eine der bekanntesten deutschen Fußballerinnen, sind aber inzwischen Mutter von zwei Kindern. Sie hatten wegen Ihrer ersten Schwangerschaft Ihre Karriere unterbrochen – mit damals 27 Jahren. Was vermissen Sie aus Ihrem «früheren Leben» am meisten?
Lira Alushi: Was ich am meisten vermisse ist natürlich der Fußball, die coolen Witze und Späße in der Kabine, die Ausflüge, die Fahrten zu den Spielen. Ich habe mit dem Fußball ja viel erlebt und bin viel um die Welt gereist.
Soccerdonna.de: Ihr Mann, der Profi Enis Alushi, steht noch beim 1.FC Nürnberg unter Vertrag, war zuletzt ein halbes Jahr an Maccabi Haifa ausgeliehen. Sie wohnen in Mönchengladbach. Wie müssen wir uns Ihr Familienleben vorstellen?
Lira Alushi: Ja, Enis war ein halbes Jahr in Israel. Natürlich war ich auch oft vor Ort bei ihm. Wir waren eigentlich nicht oft getrennt. Das wollten wir auch gar nicht, alleine auch schon wegen Arian. Unsere Tochter war da noch nicht auf der Welt.
Soccerdonna.de: Spielen Sie noch manchmal Fußball? Oder wie halten Sie sich fit?
Lira Alushi: Ich habe wegen der zwei Schwangerschaften lange kein Fußball gespielt. Unsere Tochter wurde erst vor sieben Wochen geboren. Ich habe mich nach Arians Geburt fit gehalten, hab ja auch trotzdem nochmal in Paris mit trainiert, auch wenn ich nicht gespielt habe. Sonst habe ich mich im Fitness-Studio fit gehalten, bin laufen gegangen. Aber jetzt ist wieder Pause, da ich die Kleinen erst einmal habe. Da schaffe ich es jetzt noch nicht, wieder Fußball zu spielen oder zu trainieren. Das geht mit zwei kleinen Kindern einfach nicht.
Soccerdonna.de: Sie gelten als ausgesprochen extrovertiert, haben das Image, das Ihnen angehängt wurde, gepflegt: Immer perfekt gestylt, gerne High Heels tragend, geschmackvoll geschminkt, auch auf dem Platz. Den Ball, den Ihnen die Medien zugepasst haben, haben Sie offenbar gerne zurückgespielt. Wie kommen Sie damit klar, jetzt nicht mehr im Rampenlicht zu stehen?
Lira Alushi: Ich komme sehr gut damit klar, dass ich nicht im Rampenlicht stehe. Dafür habe ich zwei zuckersüße Kinder, ein tolle Familie. Das ist das Schönste, was es gibt. Das Rampenlicht fehlt mir überhaupt nicht, weil es nie meine Intention oder ein Lebensinhalt war oder ist, es zu brauchen.
Soccerdonna.de: Werden Sie auf der Straße noch oft erkannt?
Lira Alushi: Also, es ist jetzt nicht so, dass ich non-stop erkannt werde, aber viele, die sich mit Fußball auskennen, erkennen mich. Dann gibt es immer dieselbe Frage: «Wann fangen Sie denn wieder an?» Und ich werde nach meinen Kindern gefragt. Viele gucken auch nur und trauen sich nicht, mich anzusprechen.
Soccerdonna.de: Bekommen Sie noch Autogramm-Post?
Lira Alushi: Ja, die bekomme ich noch. Viele wissen leider, wo ich wohne. (Lacht.) Deswegen ist ab und zu mal unser Briefkasten voll. Auch bei meinem Management landen noch Anfragen.
Soccerdonna.de: Haben Sie überhaupt aktuelle Autogramm-Karten?
Lira Alushi: Ja, die letzte Autogrammkarte, die ich gemacht habe, ist die von Paris Saint Germain.
Soccerdonna.de: Halten Sie Kontakt zu früheren Mitspielerinnen?
Lira Alushi: Ja. Es sind über die Jahre Freundschaften entstanden, und es ist mir auch sehr wichtig, diese Kontakte und vor allem die Freundschaften zu pflegen.
Soccerdonna.de: Mit wem?
Lira Alushi: Nennen möchte ich gerne Simone Laudehr, Ana Maria Crnogorčević, Anja Mittag und Celia Sasic. Natürlich gibt es schon noch ein paar andere, die muss ich aber jetzt nicht alle hier aufzählen. (Lacht.) Viele haben mich besucht, viele besuche ich noch, es ist mir schon wichtig, dass ich in Kontakt mit denen bleibe.
Soccerdonna.de: Wenn Sie an Ihre Karriere zurückdenken: Was würden Sie, aus heutiger Sicht, anders machen?
Lira Alushi: Ja klar, auch ich habe Fehler gemacht in meiner Karriere. Daraus habe ich gelernt. Das hat mir dann wirklich weiter geholfen, von daher würde ich, glaube ich, nichts anders machen. Lassen wir das mal so stehen.
Soccerdonna.de: An welches Spiel erinnern Sie sich besonders gerne zurück?
Lira Alushi: Es gibt wirklich Spiele, die ich nicht vergessen werde. Einige sogar. Aber eins ist da ganz besonders in meinen Erinnerungen: das Champions-League-Finale 2010 mit Turbine Potsdam gegen Olympique Lyon, damals in Getafe bei Madrid. Es ging bis zum Elfmeterschießen, bei dem wir schon fast aussichtslos hinten lagen. Ich dachte damals schon, dass es verloren wäre. Aber dann sind wir nochmal zurückgekommen und haben noch gewonnen. Das war einfach nur hammergeil.
Soccerdonna.de: Die Frauen-Bundesliga hat wieder begonnen. Informieren Sie sich noch, halten Sie sich auf dem Laufenden, oder ist das Interesse verflogen?
Lira Alushi: Natürlich verfolge ich auch die Frauen-Bundesliga. Ich kann mir nicht jedes Spiel ansehen. Die Ergebnisse verfolge ich aber regelmäßig. Wenn dann Top-Spiele anstehen, die ja häufig live gezeigt werden, und es die Kinder zulassen, gucke ich sie mir natürlich wirklich gerne an.
Soccerdonna.de: Schauen Sie sich manchmal Spiele im Stadion an?
Lira Alushi: Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wann ich das letzte Mal im Stadion war. Von daher... Ach doch, das letzte Mal habe ich meinem Ehemann zugeguckt im Stadion. Das war in Haifa.
Soccerdonna.de: Was erwarten Sie von der Spielzeit 2017/18? Wer ist Ihr Meisterschaftsfavorit?
Lira Alushi: Favoriten für diese Saison, denke ich, sind mal wieder die drei Top-Clubs: Wolfsburg, Potsdam und Bayern München.
Soccerdonna.de: Und wer muss um den Klassenerhalt bangen?
Lira Alushi: Du, das weiß ich nicht. Da gibt’s dieses Jahr bestimmt wieder eine Überraschung.
Soccerdonna.de: Sie haben für den 1.FFC Frankfurt, Turbine Potsdam und den FCR 2001 Duisburg gespielt. Welchem dieser Vereine stehen Sie noch besonders nahe?
Lira Alushi: Schwer zu sagen. In Duisburg habe ich meine ersten Schritte in die Profimannschaft gemacht, in Potsdam habe ich mich zu einer professionellen Fußballerin entwickelt. In Frankfurt habe ich sehr viel Erfahrung gesammelt, auch dass es mal im Fußball nicht so gut laufen kann. In Paris war es wieder ganz anders. Eine Auslandserfahrung, die einfach nur der Hammer war.
Soccerdonna.de: Haben Sie die EM im Fernsehen verfolgt?
Lira Alushi: Ja, ich habe fast jedes Spiel unserer Mannschaft live im Fernsehen gesehen. Mal mit Unterbrechung, aber ich habe versucht, jedes Spiel zu verfolgen.
Soccerdonna.de: Wie beurteilen Sie den Auftritt der deutschen Mannschaft? Woran lag es aus Ihrer Sicht, dass sie so schlecht abgeschnitten hat?
Lira Alushi: Ich fand es schade, dass die Mädels so früh ausgeschieden sind. Damit hat wirklich keiner gerechnet. Aber es haben mir Spielerinnen gefehlt, die erfahren waren. Die mal dazwischen hauen und sagen: «Mädels, wacht auf! Hey, wir können das besser!» Es waren zu wenig Spielerinnen da, die Verantwortung übernommen haben.
Soccerdonna.de: Sie sind, um den Untertitel Ihrer Autobiographie zu zitieren, vom Flüchtlingskind zur Weltmeisterin aufgestiegen.
Lira Alushi: Durch meine Biographie wollte ich einfach nur den Leuten – es ist ja egal, ob die Fußball spielen oder was anderes machen – zeigen, dass man was im Leben erreichen kann, wenn man an sich glaubt, wenn man dafür kämpft. Ich hatte nichts, als wir hier in Deutschland angekommen sind, und ich hatte es auch schwer, überhaupt Fußball zu spielen, mir Fußballschuhe und Trikots zu leisten. Alles musste ich mir erst hart erarbeiten. Aber ich hab es dann trotzdem geschafft.
Soccerdonna.de: Sicher waren die Erfahrungen auch ein Antrieb für Ihr starkes soziales Engagement. Wen unterstützen Sie?
Lira Alushi: Ich unterstütze WorldVision, habe ein Patenkind dort, das ich auch mal in Tansania besucht habe. Das hat mich beeindruckt und mir gezeigt, dass ich noch weiter helfen will, dass ich weiter spenden will. Über alles möchte ich nicht sprechen, weil man es von Herzen tun sollte und nicht, um darüber ständig zu reden. Für mich, also ganz ehrlich, fühlt es sich einfach gut an, Menschen, denen es zum Teil richtig schlecht geht, etwas von dem, was ich habe, abzugeben. Es ist erfüllend, etwas dazu beizutragen, dass es anderen Menschen ein bisschen besser geht.
Soccerdonna.de: Hat es in den vergangenen Monaten Kontakte von Vereinen gegeben, gab es Anfragen?
Lira Alushi: Ja, Anfragen gab es nach Arians Geburt, weil ich auch wirklich noch mal anfangen wollte. Ich dachte da an Paris Saint Germain, aber dann habe ich es mir doch anders überlegt, weil wir sonst wieder eine Fernbeziehung geführt hätten, und das wollten wir nicht. Und dann bin ich ja wieder schwanger geworden mit der Kleinen. Jetzt ist das erstmal kein Thema. Aber ist es schon so, dass sich immer mal wieder Vereine bei meinem Berater Dietmar Ness erkundigten.
Soccerdonna.de: Sie sind erst 29, eigentlich noch ein gutes Alter für eine Fußballerin. Sie haben inzwischen aber Ihre Karriere beendet. Ist das eine endgültige Entscheidung?
Lira Alushi: Um ehrlich zu sein, gibt’s Tage, an denen ich denke, dass ich auf jeden Fall wieder anfangen werde, sobald die Kleine ein bisschen größer ist. Aber es gibt auch andere Tage. Da denke ich «Boah nee, dass kann ich mir nicht antun mit zwei Kindern. Ich bin kaputt, wie soll ich da noch Fußball spielen?!» Also, endgültig habe ich mich noch nicht entschieden, würde ich sagen. Wer weiß, was passiert. Vielleicht fange ich Ende des Jahres oder nächstes Jahr wieder an – erstmal als Hobby.
Soccerdonna.de: Das klingt so, als könnten Sie sich ein Comeback tatsächlich vorstellen…
Fatmira Alushi: Klar kann ich mir ein Comeback vorstellen. Aber ich bin halt der totale Familienmensch Ich möchte meine Kinder jeden Tag sehen. Wenn ich aber im Profigeschäft wieder voll trainiere und spielen will, muss ich auf vieles verzichten. Man hat nicht viel Privatleben, man muss auf vieles verzichten, ich dann vor allem auch auf die Kinder. Die Spiele am Wochenende, dann gibt’s natürlich Auswärtsfahrten, dann gibt’s Trainingslager... Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich mir all das nur schwer vorstellen. Momentan möchte ich mich erstmal mich um meine Kinder kümmern, und dann schaue ich gemeinsam mit meinem Mann Enis, ob und wie etwas gehen könnte.
Soccerdonna.de: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Alushi, und Ihnen und Ihrer Familie alles Gute.
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