14.09.2022 - 15:00 Uhr | News | Quelle: Soccerdonna | von: Framson
Frauenfussball: Mehr als nur ein Spiel!

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Die Euphorie der Europameisterschaft in England ist noch spürbar, während die neue Saison in der Bundesliga der Frauen vor dem ersten Spieltag steht. Alle, die sich mit dem Frauenfussball in Deutschland verbunden fühlen, sehen gespannt zu, wie es nun wohl weitergehen wird.

Werden die Zuschauerzahlen die vergangene Saison in den Schatten stellen oder wird sich das Niveau dort einspielen, wo es sich vor der Euro 2022 befand? Die Skepsis ist groß, dass der Erlebnistourismus großer Massen nicht mit den Fans im Mannschaftssport verwechselt werden sollte, damit Erwartungen nicht überhöht und dann enttäuscht würden.

Wie es sich entwickeln wird, werden Interessierte nicht nur am ersten Spieltag, sondern über die Saison hinweg beobachten können, um ein schlüssiges Bild zu erhalten. Wie konstant die Quoten sein werden, wie hoch sich der Interessenpegel hält. Es könnte allerdings gefährlich sein, sich jetzt zurückzulehnen und auf eine große Portion Eigendynamik zu hoffen, welche die Dinge schon zum Guten, zum gewünschten Ergebnis richten wird.

Wer auf einen Schlag eine große Zahl an neuen Kunden hinzugewinnt, was will dieser jemand in der Regel als Nächstes? Diese Kunden verwöhnen? Da sollte man sich keine Illusionen machen: Die erste Priorität bleibt, noch viel mehr neue Kunden hinzuzugewinnen. Hier richtet sich das Augenmerk auf jede Zielgruppe, jedes Geschlecht, auf einfach alle. Doch wie kann man diese universell ansprechen und für sich gewinnen?

Der Fussball ist in manchen Kreisen tief und fest als Männerdomäne verankert. Mit den Treffen vieler Gruppen im Kontext der Liebe zum Verein und dem Sport genießen Männer, so schreibt es die Legende, ihre Zeit in Clubheimen, bei Spielen oder anderswo unter sich, leben sich auf ihre Art aus und verbinden mit ihrem Erlebnis sowohl Freude als auch das Ablassen des Dampfes der ausklingenden Woche.

Diese kultigen Tage und Abende, Erlebnisse und Gefühle in Verbundenheit zum Fussball und dem Verein, Fanclub und den eigenen Jungs stehen nicht in Konkurrenz zum Frauenfussball, was immer mal wieder betont werden sollte und müsste, damit Vorbehalten entgegengewirkt wird, die eher zu der Sorte gehören, die unter der Oberfläche gärt, anstatt ausgesprochen zu werden.

Ebenso das Vorurteil, Frauenfussball zu erleben sei nicht attraktiv. Wer so etwas sagt, war vermutlich noch nie bei einem Spiel vor Ort oder hat noch keine Übertragung mit objektivem Interesse verfolgt. Hier mag es die gestählten Schenkel seltener zu beobachten geben, die bei den Herren für außergewöhnliche Spielgeschwindigkeiten eine entscheidende Rolle spielen. Doch das Spiel ist trotzdem nicht langsam, spielerisch häufig auf sehr sehenswertem Niveau gelagert und die Ästhetik, der Einsatz und ein oftmals bewundernswerter Teamgeist können mögliche Mankos mehr als wettmachen.

Es bleibt die Frage, wie und wo Communities im Frauenfussball stattfinden oder neu entstehen können. Es gibt Beispiele, wo das Bewusstsein und die Ausgeprägtheit für die Gemeinschaft der Fans des Frauenfussballs erlebt werden kann. In Zeiten des Wunsches nach einer öffentlichkeitswirksameren Verankerung auf dem medialen Tableau könnten die vorhandenen Potentiale weiter gedacht und mehr Aufmerksamkeit, Verbundenheit und Mitwirkungsbereitschaft geweckt werden.

Wie das funktionieren könnte, zeigen unterschiedliche Modelle, an die Vereine andocken können, um aus Spieltagen, öffentlichen Terminen, Trainings und Autogrammstunden mehr zu machen, als sich aus dem reinen Sport heraus ergibt, damit sich frische Gemeinschaften aus neu gewonnenen Fans entwickeln und durch Ergänzungsangebote dynamische Multiplikationseffekte entstehen.

Dafür lohnt sich der Blick in die eigene Umgebung, was den Menschen gefallen könnte, die der eigene Verein für sich gewinnen möchte. Die Spieltage bieten sicherlich die größten Möglichkeiten, für Angebote zu sorgen, die viele Menschen aus der eigenen Region interessieren und ansprechen. Ob es sich dabei um eine Häkelgruppe, ein Schachturnier, ein Preisskat, ein Quiz oder eine Runde Bingo mit Gewinnen für das Publikum vor dem Anpfiff des Spiels handelt, spielt nicht die entscheidende Rolle.

Ebenso könnte es eine Lesung sein, ein Konzert oder ein Vortrag, der die Menschen vorab eines Termins motiviert, vorbeizukommen. Je enger der Bezug zum Fussball, um so besser. Wenn es eine Spendenaktion betrifft, könnte ein geeigneter Verein eine heiße Suppe ausgeben, was eine Abwechslung zur Stadionwurst böte.

Oder es entsteht vielleicht ein Angebot mit vegetarischen oder veganen Produkten vom regionalen Biohof, womit sich der Bogen der Versorgung mit Lebensmitteln noch weiter spannen ließe. Es könnten vor, während und nach den Spielen vielseitige Angebote vorgehalten werden, bei denen leckere, gesunde und gesundheitsbewusste Speisen und Getränke verzehrt werden können. Alternativ natürlich auch knusprige Pizza oder saftige Burger. Entscheidend ist, was die Menschen vor Ort begeistert.

Besondere Angebote für Kinder mit Sport, Spiel und Spaß könnten zum Event für die Familie werden. Der Spieltag könnte als Picknick gefeiert werden, wofür man die Zutaten nicht mal selbst mitbringen müsste, wenn vor Ort dafür durch entsprechende Angebote gesorgt würde, die einen echten Unterhaltungscharakter mitbringen und von einem Vorprogramm plus einem Fussballspiel bis zum ausgefüllten Tagesprogramm reichen könnten.

Je nachdem, wie sehr die Vereine es leisten wollten und umsetzen könnten, die Rahmenbedingungen für diese Art von Angeboten zu schaffen. Es könnte ein über den Sport hinausgehendes Angebot unter der Woche entstehen, wenn Aufwand und Erträge dafür sprächen und Personen bereit stünden, sich dem anzunehmen.

Wenn der Eventcharakter der Euro 2022 tatsächlich für viele Menschen den anziehenden Faktor ausmachte, Interesse für den Frauenfussball zu entwickeln, ist diese Erfahrung auch ein Teil des Schwungs, den es mitzunehmen gilt, um alle, selbst die Erlebnistouristen zu den eigenen Stammkunden zu machen. Echte Hilfestellungen wären hierfür Fördergelder, um die Vereine beim Aufbau dieser Strukturen zu unterstützen und nachhaltige Synergien zu ermöglichen, die wirken.

Wenn das eigene Stadion, die eigene Infrastruktur von neuen Interessierten bald als dritter Ort, als regelmäßige Anlaufstelle neben dem Zuhause und der Arbeit wahrgenommen wird, fruchtet die Vereinsarbeit über den Wirkungskreis des Sports hinaus. Welche Erlebnisse die Menschen in einer Region, in einer Stadt oder Gemeinde suchen oder bevorzugen, sich wünschen oder mit großem Wohlwollen unterstützen würden, lässt sich nur vor Ort ermitteln.

Wer sich also vorstellen kann, diesen Worten Taten folgen zu lassen, um Menschen zusammenzubringen und für den Sport und die Möglichkeiten darüber hinaus zu begeistern, der oder dem sei viel Glück und Erfolg gewünscht, dass es ganz fabelhaft gelingen möge. Denn Frauenfussball kann viel mehr sein als nur ein Spiel.

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