30.11.2023 - 13:58 Uhr | News | Quelle: dpa | von: Franziska Spiecker
Mehr Fußballerinnen im Nordosten - dennoch erst «am Anfang des Weges»

-
Am Freitag richten sich die Augen auf Rostock: Nations-League-Spiel der deutschen Fußballerinnen gegen Dänemark. Wie aber steht es in Mecklenburg-Vorpommern um den Fußball der Mädchen und Frauen?

Es ist der 8. März dieses Jahres, Weltfrauentag. Dutzende Fußballerinnen versammeln sich auf einem Kunstrasenplatz des FC Hansa Rostock. Nach 30 Jahren ohne Frauenteam steht beim bekanntesten Fußballverein Mecklenburg-Vorpommerns das erste Sichtungstraining an. Von der Saison 2023/24 an soll eine Frauen- und Mädchenabteilung her.

«Es waren natürlich alle aufgeregt - ich sowieso, weil wir nicht mit dieser Riesenresonanz gerechnet hatten», erinnert sich der Koordinator für Frauen- und Mädchenfußball des Vereins, Frank Goesch. Ein knappes Dreivierteljahr später gehört das neu gegründete Frauenteam bereits zu den erfolgreichsten im Nordosten.

Die Fußballerinnen von Hansa Rostock haben in der laufenden Saison noch keinen Punkt liegen gelassen - als einziges Team in der Verbandsliga Mecklenburg-Vorpommerns, der vierthöchsten Spielklasse. Und was sagt das über den Stand des Fußballs der Frauen in Mecklenburg-Vorpommern aus? «Das heißt, dass ganz, ganz viele Talente in Mecklenburg schlummern», betont Goesch.

Wirkung des FC Hansa auf den Frauen-Fußball



Hansa Rostock sei «so ein bisschen der Leuchtturm in der Region» und habe «eine gewisse Anziehungskraft», sagt Goesch. «Für viele Mädels ist es einfach die Kogge auf der Brust und die Chance eines Neuanfangs.» Spielerinnen aus Schwerin, Wismar und Greifswald hätten sich dem Team angeschlossen, darunter auch zwei Fußballerinnen, die vorher beim Zweitliga-Aufsteiger Hamburger SV gespielt hätten.

Von dem «Leuchtturmverein in MV» spricht auch der stellvertretende Geschäftsführer des Landesfußballverbands Mecklenburg-Vorpommern, Robert French. Insgesamt sei es «ein sehr gutes Zeichen», dass sich Hansa Rostock mit dieser Spielzeit dem Frauen- und Mädchenfußball verschrieben habe. «Der Club hat im gesamten Land eine enorme Strahlkraft, sodass solche Entscheidungen unter anderem durch wachsendes Interesse am und vermehrter Präsenz von Frauen- und Mädchenfußball eine nachhaltige Wirkung erzeugen.»

Der FC Hansa habe damit quasi sofort «eine tragende und führende Rolle für den Frauen- und Mädchenfußball im Land übernommen, ohne dass damit das wichtige Wirken und das Engagement in den anderen Vereinen geschmälert wird».

Was sagen die Daten über die Entwicklung in MV?



Die Zahl weiblicher Mitglieder in den Fußballvereinen Mecklenburg-Vorpommerns ist laut French in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. 2023 habe sie sich im Vergleich zu 2018 um 47 Prozent auf knapp 6100 erhöht. Und auch bei den aktiven Spielerinnen gab es im selben Zeitraum ein Wachstum - allerdings «lediglich von rund sechs Prozent» auf 1450 Frauen und Juniorinnen, sagt French.

Setzt man die Zahl der aktiven Spielerinnen in Relation zu allen spielberechtigten Fußballern und Fußballerinnen des Bundeslandes, so zeigt sich aber auch: Es ist noch Luft nach oben. Mädchen und Frauen würden knapp fünf Prozent aller spielberechtigten Fußballerinnen und Fußballer in dem Bundesland ausmachen.

Mecklenburg-Vorpommern liege damit «bundesweit auf dem letzten Platz», erklärt der Verbandsvertreter - und verweist dabei auch auf eine «historisch gewachsene Dimension». So lägen die vier unmittelbar davor rangierenden Verbände ebenfalls alle in Ostdeutschland.

So sieht der Landesfußballverband die Lage



«Durch eine fortlaufende und flächendeckendere Wahrnehmung des Frauen- und Mädchenfußballs werden veraltete Strukturen und gegebenenfalls auch fehlende Akzeptanz allerdings sukzessive abgebaut», betont French. Anlass zur Hoffnung würden etwa aktuelle Zahlen und Beispiele von Teamgründungen und Schnupperangeboten geben, die sich im Grunde über ganz Mecklenburg-Vorpommern erstreckten.

Gleichzeitig stellt French aber auch fest: Das Bundesland stehe noch am Anfang des Weges, der vom kommenden Jahr an mit einer gemeinsam mit dem DFB erarbeiteten Strategie für mehr Frauen und Mädchen im Fußball für die kommenden Jahre geebnet werde. Bis 2027 will der DFB im Rahmen der «Strategie Frauen im Fußball FF27» unter anderem die Zahl der Fußballerinnen im Vergleich zum Saisonanfang 2021/22 um 25 Prozent erhöhen.

Mecklenburg-Vorpommerns Sportministerin Stefanie Drese setzt zudem auf einen positiven Effekt des Nations-League-Duells der deutschen Fußballerinnen gegen Dänemark in Rostock am Freitagabend (20.30 Uhr/ZDF): «Gerade vom Länderspiel erhoffe ich mir einen weiteren Aufschwung und viele zukünftige Fußballerinnen in MV», sagt die SPD-Politikerin, die das Spiel im Stadion verfolgen wird.

DFL-Vorgabe zur Förderung des Fußballs der Frauen



Bereits von dieser Saison an ist es für einen Männer-Bundesligisten und -Zweitligisten Pflicht, Fußballerinnen zu fördern - und zwar in dem die Vereine jeweils «eine Frauen- und/oder Mädchenmannschaft zu offiziellen Wettbewerben anmeldet oder eine Kooperationsvereinbarung mit einem Fußballclub abschließt», wie es in den DFL-Regularien heißt. Als Zweitligist gilt diese Vorgabe auch für den FC Hansa.

«Hansa Rostock hätte auch ganz einfach nur eine Frauenmannschaft gründen können, die dann irgendwo in der Kreisliga gestartet wäre», betont der Frauen-Koordinator des Vereins, Goesch. Doch es gehe dem Verein darum, wirklich einen Beitrag dazu zu leisten, den Mädchen- und Frauen-Fußball im Land zu fördern.

Stadt versus Land - Unterschiede im Fußballangebot



Bislang gibt es dort laut French vor allem «in den Ballungszentren Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Greifswald, Stralsund oder auch Wismar ein fortlaufendes Vereins- und Spielangebot». In den ländlicheren Gebieten sei das aktuell dagegen teilweise gar nicht oder nur punktuell vorhanden.

Auch in der Verbandsliga der Frauen in Mecklenburg-Vorpommern spielen überwiegend Teams aus den Ballungszentren. Goesch sieht dort einen positiven Trend: Zum ersten Mal seit vielen Jahren träten wieder neun Mannschaften an. Hansa Rostocks Ziel dort sei die Meisterschaft. Und er persönlich wolle zeigen: «MV hat genug Talente, genug gute Fußballerinnen, dass wir auch in der Regionalliga und auch eine Liga höher mithalten können.»

Relevante Links

Diskutiere mit!

Bisherige Antworten zum Thema: 0.

» Jetzt mitdiskutieren!

Social Bookmarking

Auf Facebook teilen