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03.07.2015 - 14:41 Uhr | News | Quelle: soccerdonna
«Für einen kleinen vierstelligen Dollar-Betrag»
Dietmar Ness ist zum wichtigsten Spielerberater im deutschen Frauenfußball aufgestiegen. Der 48-Jährige vertritt mit seiner Agentur unter anderem die Belange der Nationalspielerinnen Lena Gößling, Anja Mittag, Dzsenifer Marozsan, Leonie Maier, Lena Lotzen und Josephine Henning sowie die der aktuell verletzten Weltfußballerin Nadine Kessler. Im Interview mit Frank Hellmann sprach er am Rande der WM über Geschäfte, Gehälter und Gepflogenheiten.
soccerdonna.de: Sie haben vor genau zehn Jahren als Berater im Frauenfußball angefangen. Sind Sie so etwas wie ein Pionier?
Dietmar Ness: Zumindest waren wir damals in der Szene noch überhaupt nicht bekannt. Meine erste Spielerin war Shelley Thompson, und an die ersten befremdlichen Gespräche mit dem FCR Duisburg erinnere ich mich genau. Durch meinen christlichen Background wurde ich gar in eine sektiererische Ecke gedrängt, was mich damals sehr verärgert hatte, und ich kurz davor stand, mit einem Anwalt dagegen vorzugehen.
soccerdonna.de: …weil Sie sich bei Olympischen Spielen als Sportmentor betätigt hatten.
Dietmar Ness: Ja, ich kümmerte mich bis dahin als Sportmentor um jene Athleten oder Athletinnen, deren Traum bei den Spielen beispielsweise durch eine Verletzung platzte. Da musste ich mich ganz dezent im Hintergrund bewegen. Daraus ist im Grunde meine heutige Tätigkeit erst entstanden.
soccerdonna.de: Ein Berater im Frauenfußball sollte also auch fürsorglicher Ratgeber sein?
Dietmar Ness: Das ich sicherlich ein wichtiger Punkt, aber ich erzeuge keine Abhängigkeiten, sondern arbeite viel mit einem Netzwerk ehemaliger Spitzensportler zusammen. Er ist mir sehr wichtig, dass die Athletinnen mehrere Ansprechpersonen haben. Cacau, den ich auch mit betreue, hat schon sehr häufig Spielerinnen von mir mit Ratschlägen unterstützt.
soccerdonna.de: Was machen Sie konkret bei der Frauen-WM in Kanada?
Dietmar Ness: Ich bin mit meinem Mitarbeiter Julian Gnan hier. Wir helfen Sponsoren, tauschen uns mit Vereinsvertretern oder Medienvertretern aus, treffen uns mit Spielerinnen mal auf einen Kaffee, denn das Management im Frauenfußball verstehen wir eher noch wie eine Freundschaft.
soccerdonna.de: Wie nehmen Sie das Niveau dieser Frauen-WM wahr?
Dietmar Ness: Er ist viel schneller geworden, deutlich athletischer. Wir erleben gerade eine Generation, die diesen Sport in der Spitze sehr professionell betreibt. Gleichzeitig sind es sehr nahbare Spielerinnen. Diese Verbindung ergibt ein großes Potenzial für Sponsoren. Jetzt muss es darum gehen, dass weltweit die Kompetenz der Trainer, Klubs und Verbände noch weiter wächst, damit es in den nächsten drei, vier Jahren weiter explodiert.
soccerdonna.de: Ist also seit der WM 2011 doch einiges passiert?
Dietmar Ness: Aus meiner Sicht hat der Frauenfußball noch einmal eine größere Entwicklung genommen. Lizenzvereine wie der VfL Wolfsburg sind in den letzten Jahren in die Weltspitze vorgedrungen, der FC Bayern greift jetzt an. Und ich habe hohen Respekt vor Siegfried Dietrich, weil es für den 1.FFC Frankfurt sehr schwer geworden ist, als reiner Frauenfußballverein mitzuhalten und noch einmal Champions-League-Sieger zu werden. In England und Frankreich wird einiges in den nächsten Jahren passieren, aber die Frauen-Bundesliga ist die stärkste Liga der Welt.
soccerdonna.de: Eine WM ist doch noch viel mehr Bühne, sich zu zeigen, als bei den Männern, weil der Alltag weitgehend für die große Öffentlichkeit im Verborgenen stattfindet.
Dietmar Ness: Natürlich, ich empfand es sensationell, dass die deutschen Frauen mehr Zuschauer im Fernsehen hatten als die U21 der Männer. Die Transparenz, auch international, hat im Frauenfußball zugenommen. Die Vereine sind inzwischen selbst aktiv, ich muss nicht mehr irgendwo anrufen und sagen, ich habe eine Spielerin, die ins Ausland gehen möchte.
soccerdonna.de: Sie haben von einem kuriosen Vorfall gesprochen während der Vorrunde.
Dietmar Ness: Als ich noch zu Hause beim Gruppenspiel Nigeria gegen Schweden vor dem Fernseher saß, habe ich während der Partie einen Anruf aus den USA bekommen. Letztlich ist dann durch meine Hilfe die erste nigerianische Torschützin Ngozi Okobi kurz darauf nach Washington gewechselt. Bis dahin war sie noch weitestgehend unbekannt.
soccerdonna.de: Für welche Ablöse?
Dietmar Ness: Ein kleiner vierstelliger Dollar-Betrag. Aber im Frauenfußball partizipiert der Berater gar nicht an der Transferentschädigung.
soccerdonna.de: Man liest und hört über Ablösen sonst fast nie etwas.
Dietmar Ness: Weil das nur selten vorkommt. Eigentlich verpflichten die meisten Vereine grundsätzlich nur ablösefreie Spielerinnen. Dass eine aus einem Vertrag rausgekauft wird, passiert nur in Ausnahmefällen. Und dann sind auch nur höchstens fünfstellige Beträge fällig.
soccerdonna.de: Klingt noch nach heiler Welt.
Dietmar Ness: Ich kann mir aber vorstellen, dass gerade die französischen Vereine wie Paris St. Germain oder Olympique Lyon theoretisch auch mehr ausgeben würden, aber auch sie stehen auf dem Standpunkt, dass es diesen Markt noch gar nicht gibt.
soccerdonna.de: Der Sportanwalt Christoph Schickhardt hat jetzt verkündet, er möchte der erste sein, der an einem Millionentransfer im Frauenfußball mitverdient.
Dietmar Ness: So eine Aussage gehört nicht in die Öffentlichkeit. So ein Denken ist mir fern und auch fremd. So etwas könnte die betreffende Spielerin auch belasten, denn die Frauen machen sich viel, viel mehr Gedanken über so etwas. Ich habe einen vergleichbaren Fall erlebt – und da ging es um eine geringe Ablösesumme –, dass sich die Spielerin permanent gefragt hat: Bin ich das überhaupt wert? Wir müssen wirklich im Frauenfußball vorsichtig sein, weil viel mehr Idealismus im Spiel ist.
soccerdonna.de: Die «Bild» hat eine Geldrangliste veröffentlicht, nach der Celia Sasic mit 96.000 Euro Jahresverdienst an der Spitze stehen soll. Können Sie das bestätigen?
Dietmar Ness: Dazu kann ich nichts sagen, da ich sie nicht betreue. Aber Toppspielerinnen sollten auf jeden Fall doch auch in solch einem Bereich liegen, bei dem Aufwand, der betrieben wird.
soccerdonna.de: Wo geht die Entwicklung bei den Gehältern hin?
Dietmar Ness: Während der WM 2011 hat Theo Zwanziger ja mal die These aufgestellt, dass er den Frauenfußball mittelfristig im Bereich der Dritten Liga Männer sieht. Das kann bei den Topspielerinnen erreicht werden. Aber jede Spielerin wird weiter ihre Ausbildung vorantreiben oder studieren, um später nichts in Bodenlose zu fallen.
soccerdonna.de: Die Berater-Kollegen im Männerfußball entziehen allein dem Geldkreislauf der ersten und zweiten Bundesliga pro Saison fast 100 Millionen Euro. Wie viel ist es denn im Frauenfußball.
Dietmar Ness: Die meisten Männer-Beratern haben null Interesse, etwas im Frauenfußball zu machen, weil es viel zu wenig zu verdienen gibt. Wenn es sich als Unternehmen professionell wirtschaftlich tragen soll, dann muss man es schon in einer Größenordnung wie mit meiner Agentur machen.
soccerdonna.de: Wie viele Spielerinnen betreuen Sie.
Dietmar Ness: 76.
soccerdonna.de: Gibt es noch eine deutsche Nationalspielerin ohne Berater?
Dietmar Ness: Meines Wissens nicht.
soccerdonna.de: Wie viele Kollegen haben Sie?
Dietmar Ness: Ein toller Manager, der einige deutsche und skandinavische Spielerinnen hat, ist Henner Janzen, ihn schätze ich sehr. Es gibt auch noch Bryan Eylert, der Nadine Angerer und Simone Laudehr vertritt, und Dominik Kaesberg als Berater von Celia Sasic. Es bleibt ein sehr überschaubarer Kreis. Wir hatten 2010 auf DFB-Initiative mit Managerin Doris Fitschen ein Beratertreffen, da waren wir zu zehnt.
soccerdonna.de: Sie bewegen sich also nicht im Haifischbecken.
Dietmar Ness: Wir sind eine kleine Einheit. Man kennt, man schätzt sich – oder auch nicht. Die Problematik ist meist, wenn ein Berater aus dem Männerfußball nebenbei noch ein, zwei Spielerinnen betreut und gar kein Gefühl für die im Frauenfußball gängigen Summen besitzt.
soccerdonna.de: Hatten Sie schon mal richtig Ärger?
Dietmar Ness: Ja, als Lira Alushi, damals noch Bajramaj, von Turbine Potsdam zum 1.FFC Frankfurt ging, wurde ich von Bernd Schröder aufs Heftigste beschimpft, obwohl diese lediglich mit einem auslaufenden Vertrag den Verein gewechselt hat.
soccerdonna.de: Lira Alushi hat einen Tag nach dem Champions-League-Finale erklärt, sie sei schwanger und die WM abgesagt. Hätte Sie nicht auch auf dieses Endspiel verzichten müssen?
Dietmar Ness: Ich habe schon einen engen Draht zu den Spielerinnen, speziell zu Lira, aber ich weiß nicht alles (lacht). Es muss irgendwo Grenzen geben. Wir sind im Frauensport, und diese Möglichkeit besteht halt, dass jemand schwanger wird. Ich weiß von Lira, dass sie glücklich ist, und darüber freue ich mich sehr. Was wir vor dem Finale besprochen haben, das muss bitte intern bleiben.
soccerdonna.de: Aber will Sie auf den Platz zurückkehren.
Dietmar Ness: Ich denke schon. Wir müssen mal sehen, wie die Schwangerschaft verläuft. Aber sie hat mir gesagt, dass sie wieder spielen möchte. Die Norwegerin Solveig Gulbrandsen hat als zweifache Mutter die WM gespielt!
soccerdonna.de: Was ist mit ihrem Vertrag in Paris eigentlich passiert?
Dietmar Ness: Es war für mich eine völlig neue Situation, in der ich mich in meiner Funktion zurechtfinden musste. Ich kann aber vor dem Verhalten der PSG-Verantwortlichen nur den Hut ziehen: Sie bekommt bis Vertragsende 2016 ihr Gehalt.
soccerdonna.de: Sie haben auch die Vertretung von Dzsenifer Marozsan übernommen, die im Vorjahr via Facebook auf ihren Wechsel nach Lyon gedrängt hat. Was passiert jetzt?
Dietmar Ness: Sie hat einen Vertrag, der 2016 ausläuft. Aber wenn ich sagen würde, es gibt an ihr kein Interesse, dann wäre das falsch: Sie ist auf ihrer Position eine der besten Spielerinnen der Welt. Aber was sie einfach nicht mehr möchte, ist eine große Unruhe wie im vergangenen Sommer.
soccerdonna.de: Hört sich danach an, dass Sie noch eine Saison beim 1.FFC Frankfurt spielt und dann in Ruhe überlegt, wo sie hingeht.
Dietmar Ness: Danach sieht es aus.
soccerdonna.de: Man hört im Frauenfußball immer wieder, dass Spielerinnen nur im Paket verpflichtet werden, weil sie ein Paar bilden.
Dietmar Ness: Ich finde es ganz wichtig, dass unsere Sportart professionell wahrgenommen ist, und dazu gehört nicht die Aussage: «Ich komme nur, wenn ihr auch meine Freundin verpflichtet.» Diesen Fall hatte ich mal im Ausland, der Wechsel ist dann aus diesem Grund nicht zustande gekommen.
soccerdonna.de: Sie haben selbst drei Töchter. Raten Sie denen, im Frauenfußball Karriere zu machen?
Dietmar Ness: Eine spielt Fußball, aber sie hat erst vor zwei Jahren angefangen und ist jetzt 18. Aber ich würde sie alle drei dabei unterstützen, wenn sie Lust dazu haben, aber wie das oft so ist: Das was der Papa macht, ist eher langweilig. Ich freue mich schon, dass die gerade regelmäßig zuhause Fußball schauen. Auch die Frauen-WM.
soccerdonna.de: Sie haben vor genau zehn Jahren als Berater im Frauenfußball angefangen. Sind Sie so etwas wie ein Pionier?
Dietmar Ness: Zumindest waren wir damals in der Szene noch überhaupt nicht bekannt. Meine erste Spielerin war Shelley Thompson, und an die ersten befremdlichen Gespräche mit dem FCR Duisburg erinnere ich mich genau. Durch meinen christlichen Background wurde ich gar in eine sektiererische Ecke gedrängt, was mich damals sehr verärgert hatte, und ich kurz davor stand, mit einem Anwalt dagegen vorzugehen.
soccerdonna.de: …weil Sie sich bei Olympischen Spielen als Sportmentor betätigt hatten.
Dietmar Ness: Ja, ich kümmerte mich bis dahin als Sportmentor um jene Athleten oder Athletinnen, deren Traum bei den Spielen beispielsweise durch eine Verletzung platzte. Da musste ich mich ganz dezent im Hintergrund bewegen. Daraus ist im Grunde meine heutige Tätigkeit erst entstanden.
soccerdonna.de: Ein Berater im Frauenfußball sollte also auch fürsorglicher Ratgeber sein?
Dietmar Ness: Das ich sicherlich ein wichtiger Punkt, aber ich erzeuge keine Abhängigkeiten, sondern arbeite viel mit einem Netzwerk ehemaliger Spitzensportler zusammen. Er ist mir sehr wichtig, dass die Athletinnen mehrere Ansprechpersonen haben. Cacau, den ich auch mit betreue, hat schon sehr häufig Spielerinnen von mir mit Ratschlägen unterstützt.
soccerdonna.de: Was machen Sie konkret bei der Frauen-WM in Kanada?
Dietmar Ness: Ich bin mit meinem Mitarbeiter Julian Gnan hier. Wir helfen Sponsoren, tauschen uns mit Vereinsvertretern oder Medienvertretern aus, treffen uns mit Spielerinnen mal auf einen Kaffee, denn das Management im Frauenfußball verstehen wir eher noch wie eine Freundschaft.
soccerdonna.de: Wie nehmen Sie das Niveau dieser Frauen-WM wahr?
Dietmar Ness: Er ist viel schneller geworden, deutlich athletischer. Wir erleben gerade eine Generation, die diesen Sport in der Spitze sehr professionell betreibt. Gleichzeitig sind es sehr nahbare Spielerinnen. Diese Verbindung ergibt ein großes Potenzial für Sponsoren. Jetzt muss es darum gehen, dass weltweit die Kompetenz der Trainer, Klubs und Verbände noch weiter wächst, damit es in den nächsten drei, vier Jahren weiter explodiert.
soccerdonna.de: Ist also seit der WM 2011 doch einiges passiert?
Dietmar Ness: Aus meiner Sicht hat der Frauenfußball noch einmal eine größere Entwicklung genommen. Lizenzvereine wie der VfL Wolfsburg sind in den letzten Jahren in die Weltspitze vorgedrungen, der FC Bayern greift jetzt an. Und ich habe hohen Respekt vor Siegfried Dietrich, weil es für den 1.FFC Frankfurt sehr schwer geworden ist, als reiner Frauenfußballverein mitzuhalten und noch einmal Champions-League-Sieger zu werden. In England und Frankreich wird einiges in den nächsten Jahren passieren, aber die Frauen-Bundesliga ist die stärkste Liga der Welt.
soccerdonna.de: Eine WM ist doch noch viel mehr Bühne, sich zu zeigen, als bei den Männern, weil der Alltag weitgehend für die große Öffentlichkeit im Verborgenen stattfindet.
Dietmar Ness: Natürlich, ich empfand es sensationell, dass die deutschen Frauen mehr Zuschauer im Fernsehen hatten als die U21 der Männer. Die Transparenz, auch international, hat im Frauenfußball zugenommen. Die Vereine sind inzwischen selbst aktiv, ich muss nicht mehr irgendwo anrufen und sagen, ich habe eine Spielerin, die ins Ausland gehen möchte.
soccerdonna.de: Sie haben von einem kuriosen Vorfall gesprochen während der Vorrunde.
Dietmar Ness: Als ich noch zu Hause beim Gruppenspiel Nigeria gegen Schweden vor dem Fernseher saß, habe ich während der Partie einen Anruf aus den USA bekommen. Letztlich ist dann durch meine Hilfe die erste nigerianische Torschützin Ngozi Okobi kurz darauf nach Washington gewechselt. Bis dahin war sie noch weitestgehend unbekannt.
soccerdonna.de: Für welche Ablöse?
Dietmar Ness: Ein kleiner vierstelliger Dollar-Betrag. Aber im Frauenfußball partizipiert der Berater gar nicht an der Transferentschädigung.
soccerdonna.de: Man liest und hört über Ablösen sonst fast nie etwas.
Dietmar Ness: Weil das nur selten vorkommt. Eigentlich verpflichten die meisten Vereine grundsätzlich nur ablösefreie Spielerinnen. Dass eine aus einem Vertrag rausgekauft wird, passiert nur in Ausnahmefällen. Und dann sind auch nur höchstens fünfstellige Beträge fällig.
soccerdonna.de: Klingt noch nach heiler Welt.
Dietmar Ness: Ich kann mir aber vorstellen, dass gerade die französischen Vereine wie Paris St. Germain oder Olympique Lyon theoretisch auch mehr ausgeben würden, aber auch sie stehen auf dem Standpunkt, dass es diesen Markt noch gar nicht gibt.
soccerdonna.de: Der Sportanwalt Christoph Schickhardt hat jetzt verkündet, er möchte der erste sein, der an einem Millionentransfer im Frauenfußball mitverdient.
Dietmar Ness: So eine Aussage gehört nicht in die Öffentlichkeit. So ein Denken ist mir fern und auch fremd. So etwas könnte die betreffende Spielerin auch belasten, denn die Frauen machen sich viel, viel mehr Gedanken über so etwas. Ich habe einen vergleichbaren Fall erlebt – und da ging es um eine geringe Ablösesumme –, dass sich die Spielerin permanent gefragt hat: Bin ich das überhaupt wert? Wir müssen wirklich im Frauenfußball vorsichtig sein, weil viel mehr Idealismus im Spiel ist.
soccerdonna.de: Die «Bild» hat eine Geldrangliste veröffentlicht, nach der Celia Sasic mit 96.000 Euro Jahresverdienst an der Spitze stehen soll. Können Sie das bestätigen?
Dietmar Ness: Dazu kann ich nichts sagen, da ich sie nicht betreue. Aber Toppspielerinnen sollten auf jeden Fall doch auch in solch einem Bereich liegen, bei dem Aufwand, der betrieben wird.
soccerdonna.de: Wo geht die Entwicklung bei den Gehältern hin?
Dietmar Ness: Während der WM 2011 hat Theo Zwanziger ja mal die These aufgestellt, dass er den Frauenfußball mittelfristig im Bereich der Dritten Liga Männer sieht. Das kann bei den Topspielerinnen erreicht werden. Aber jede Spielerin wird weiter ihre Ausbildung vorantreiben oder studieren, um später nichts in Bodenlose zu fallen.
soccerdonna.de: Die Berater-Kollegen im Männerfußball entziehen allein dem Geldkreislauf der ersten und zweiten Bundesliga pro Saison fast 100 Millionen Euro. Wie viel ist es denn im Frauenfußball.
Dietmar Ness: Die meisten Männer-Beratern haben null Interesse, etwas im Frauenfußball zu machen, weil es viel zu wenig zu verdienen gibt. Wenn es sich als Unternehmen professionell wirtschaftlich tragen soll, dann muss man es schon in einer Größenordnung wie mit meiner Agentur machen.
soccerdonna.de: Wie viele Spielerinnen betreuen Sie.
Dietmar Ness: 76.
soccerdonna.de: Gibt es noch eine deutsche Nationalspielerin ohne Berater?
Dietmar Ness: Meines Wissens nicht.
soccerdonna.de: Wie viele Kollegen haben Sie?
Dietmar Ness: Ein toller Manager, der einige deutsche und skandinavische Spielerinnen hat, ist Henner Janzen, ihn schätze ich sehr. Es gibt auch noch Bryan Eylert, der Nadine Angerer und Simone Laudehr vertritt, und Dominik Kaesberg als Berater von Celia Sasic. Es bleibt ein sehr überschaubarer Kreis. Wir hatten 2010 auf DFB-Initiative mit Managerin Doris Fitschen ein Beratertreffen, da waren wir zu zehnt.
soccerdonna.de: Sie bewegen sich also nicht im Haifischbecken.
Dietmar Ness: Wir sind eine kleine Einheit. Man kennt, man schätzt sich – oder auch nicht. Die Problematik ist meist, wenn ein Berater aus dem Männerfußball nebenbei noch ein, zwei Spielerinnen betreut und gar kein Gefühl für die im Frauenfußball gängigen Summen besitzt.
soccerdonna.de: Hatten Sie schon mal richtig Ärger?
Dietmar Ness: Ja, als Lira Alushi, damals noch Bajramaj, von Turbine Potsdam zum 1.FFC Frankfurt ging, wurde ich von Bernd Schröder aufs Heftigste beschimpft, obwohl diese lediglich mit einem auslaufenden Vertrag den Verein gewechselt hat.
soccerdonna.de: Lira Alushi hat einen Tag nach dem Champions-League-Finale erklärt, sie sei schwanger und die WM abgesagt. Hätte Sie nicht auch auf dieses Endspiel verzichten müssen?
Dietmar Ness: Ich habe schon einen engen Draht zu den Spielerinnen, speziell zu Lira, aber ich weiß nicht alles (lacht). Es muss irgendwo Grenzen geben. Wir sind im Frauensport, und diese Möglichkeit besteht halt, dass jemand schwanger wird. Ich weiß von Lira, dass sie glücklich ist, und darüber freue ich mich sehr. Was wir vor dem Finale besprochen haben, das muss bitte intern bleiben.
soccerdonna.de: Aber will Sie auf den Platz zurückkehren.
Dietmar Ness: Ich denke schon. Wir müssen mal sehen, wie die Schwangerschaft verläuft. Aber sie hat mir gesagt, dass sie wieder spielen möchte. Die Norwegerin Solveig Gulbrandsen hat als zweifache Mutter die WM gespielt!
soccerdonna.de: Was ist mit ihrem Vertrag in Paris eigentlich passiert?
Dietmar Ness: Es war für mich eine völlig neue Situation, in der ich mich in meiner Funktion zurechtfinden musste. Ich kann aber vor dem Verhalten der PSG-Verantwortlichen nur den Hut ziehen: Sie bekommt bis Vertragsende 2016 ihr Gehalt.
soccerdonna.de: Sie haben auch die Vertretung von Dzsenifer Marozsan übernommen, die im Vorjahr via Facebook auf ihren Wechsel nach Lyon gedrängt hat. Was passiert jetzt?
Dietmar Ness: Sie hat einen Vertrag, der 2016 ausläuft. Aber wenn ich sagen würde, es gibt an ihr kein Interesse, dann wäre das falsch: Sie ist auf ihrer Position eine der besten Spielerinnen der Welt. Aber was sie einfach nicht mehr möchte, ist eine große Unruhe wie im vergangenen Sommer.
soccerdonna.de: Hört sich danach an, dass Sie noch eine Saison beim 1.FFC Frankfurt spielt und dann in Ruhe überlegt, wo sie hingeht.
Dietmar Ness: Danach sieht es aus.
soccerdonna.de: Man hört im Frauenfußball immer wieder, dass Spielerinnen nur im Paket verpflichtet werden, weil sie ein Paar bilden.
Dietmar Ness: Ich finde es ganz wichtig, dass unsere Sportart professionell wahrgenommen ist, und dazu gehört nicht die Aussage: «Ich komme nur, wenn ihr auch meine Freundin verpflichtet.» Diesen Fall hatte ich mal im Ausland, der Wechsel ist dann aus diesem Grund nicht zustande gekommen.
soccerdonna.de: Sie haben selbst drei Töchter. Raten Sie denen, im Frauenfußball Karriere zu machen?
Dietmar Ness: Eine spielt Fußball, aber sie hat erst vor zwei Jahren angefangen und ist jetzt 18. Aber ich würde sie alle drei dabei unterstützen, wenn sie Lust dazu haben, aber wie das oft so ist: Das was der Papa macht, ist eher langweilig. Ich freue mich schon, dass die gerade regelmäßig zuhause Fußball schauen. Auch die Frauen-WM.
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